... und die Schlapphüte schreiben ab

Fünf Jahre Inforiot.de in Brandenburg

  • Christoph Schulze
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
»Das Bild, das wir vom Land Brandenburg zeichnen, ist schon ein radikal negatives. Aber so sieht nun einmal auch ein Stück weit die Realität aus. Wir sind Imageschädlinge - aus Überzeugung.« Svenja Rinks heißt die junge Frau, die so redet. Sie ist Mitarbeiterin bei Inforiot, einem Internet-Portal für linke Politik in Brandenburg, das dieser Tage den fünften Geburtstag feiert.
Rechte Gewalt, Sozialabbau, Demokratiedefizite, Skandale um den Verfassungsschutz, Rassismus im Alltag und in Behörden: »Unser Ziel von Anfang an war es, den Finger in die Wunden zu legen und so zu zeigen, dass Widerstand nötig ist«, sagt die 24-jährige Rinks. Das Adressverzeichnis linker Gruppen, die Meldungen und vor allem der Terminkalender zeigen die Aktivitäten außerparlamentarischer Linker im Bundesland auf. Hier findet auch Politisches aus Subkulturen wie der Punkszene seinen Platz. Die Nachrichten wiederum beinhalten einen umfangreichen Pressespiegel mit mittlerweile fast 9000 Einträgen. Von dieser Dokumentationsfreude ist wohl auch der Name des Projekts inspiriert. »Inforiot« ist eine Wortschöpfung aus dem Englischen und bedeutet soviel wie »Informationsaufstand«.
Gestartet wurde Inforiot im September 2001 von einer kleinen Antifagruppe in Neuruppin. Inzwischen ist die Redaktionsgruppe auf acht Personen angewachsen, die in verschiedenen Städten leben und sich vor allem per E-Mail koordinieren. Auch wenn die meisten Redakteure aus Angst vor Angriffen aus der rechten Szene Wert auf Anonymität legen, ist soviel zu erfahren: die Männer sind in der Überzahl, sind unter 30 Jahren alt, viele auch anderweitig politisch aktiv und nur wenige sind Mitglied einer Partei. Gearbeitet wird gänzlich unbezahlt. Selbst die Kosten für den technischen Betrieb müssen privat oder über Spenden finanziert werden.
Svenja Rinks war schon in den Anfangstagen in Neuruppin dabei und studiert mittlerweile in Potsdam. »Inforiot macht mir immer noch Spaß, auch wenn es viel Zeit kostet. Vor allem die vielen Reaktionen auf unsere Artikel machen Mut. Offensichtlich schätzen viele Leute unsere Arbeit.« Im Schnitt durchstöbern derzeit täglich 3000 Besucher die Inforiot-Seiten, Tendenz steigend. In fünf Jahren waren es insgesamt zweieinhalb Millionen.
»Wir sind schnell, unsere Informationen sind gratis für jeden mit Internetanschluss erreichbar, und vor allem bearbeiten wir natürlich relevante Themen«, erklärt sich Rinks den Erfolg. Die Kontinuität schaffe auch Vertrauen im Publikum. Schon öfter hätten sich etwa Schulklassen nach der Sicherheitslage in Brandenburger Städten erkundigt - ob die rechte Szene so stark sei, dass ein Klassenausflug mit dunkelhäutigen Schülern gefährlich sein könnte.
Dass linkes und antifaschistisches Engagement in Brandenburg nicht uneingeschränkt auf Wohlwollen stößt, hat die Inforiot-Redaktion schnell gelernt. »Gleich nach unserer Gründung wurden wir in den Verfassungsschutz-Berichten als "linksextrem" gebrandmarkt«, so Rinks. Lachend fügt sie hinzu: »Einschätzungen zur Neonaziszene pinseln die Verfassungsschützer trotzdem gerne mal von unserer Seite ab.«

Geburtstagsparty am 23.9. ab 21 Uhr im Kuze, Herrmann-Elflein-Str. 10, Potsdam, Ein...

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