Verkaufen? Verschenken? Versenken?

Frankreichs stornierte Lieferung von Mistral-Trägern an Russland bringt die Regierung Hollande in die Bredouille

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Streit um eine annullierte Kriegsschiff-Lieferung von Frankreich an Russland geht es nun ums Geld. Moskau will mehr Schadenersatz, als Paris zu zahlen bereit ist.

Am Wochenende ist die äußerste Frist für die Ablieferung des ersten der beiden von Russland in Frankreich bestellten Hubschrauberträger vom Typ Mistral abgelaufen. Wie schon im September 2014 angekündigt, hat Präsident François Hollande definitiv entschieden, die seit November fertige »Wladiwostok« und ihr in der Endfertigung befindliches Schwesterschiff »Sewastopol« nicht zu liefern, da aufgrund des militärischen Engagements Russlands im Osten der Ukraine »dafür nicht die nötigen Bedingungen gegeben sind«.

Damit hat Moskau auf jeden Fall Anspruch auf die im Vertrag vorgesehene Rückerstattung des bereits überwiesenen Kaufpreises in Höhe von 785 Millionen Euro. Hinzu kommt die Erstattung der zusätzlichen Aufwendungen, um deren Höhe seit Wochen intensiv verhandelt und gleichzeitig mit öffentlichen Erklärungen gepokert wird.

So sprach der stellvertretende russische Ministerpräsident Dimitri Rogozin in einem Interview von »Reparationszahlungen, die bis zu fünf Milliarden Euro erreichen können«, während die russischen Unterhändler rund 400 Millionen Euro Ersatz für ihre Aufwendungen beispielsweise bei der Ausbildung der künftigen Besatzungen und dem Bau von Infrastrukturen in den russischen Kriegshäfen fordern.

Diese Summe versucht Paris herunterzuhandeln, wobei man es aber auf keinen Eklat ankommen lassen will, weil dann die im Vertrag vorgesehene Anrufung eines internationale Schiedsgerichts in Genf fällig wäre. Dadurch könnte es richtig teuer werden, ganz abgesehen vom internationalen Imageverlust, wenn Frankreich als nicht vertragstreu dastehen würde.

Aber auch Putin will den Bogen nicht überspannen. Offensichtlich will er sich nicht die Tür für künftige Geschäfte und damit verbundenen Technologietransfer verschließen. So wiegelt er ab, was die Tragweite der ausgebliebenen Lieferung betrifft. »Wir brauchen die Schiffe nicht unbedingt für unsere Verteidigung«, erklärte er vor Tagen in einem Interview. »Dass wir sie 2011 bestellte haben, sollte nicht zuletzt den französischen Werften helfen, mehr als 1000 Arbeitsplätze vier Jahre lang zu erhalten.« Da die Franzosen »gut erzogene Leute« seien, zweifle er nicht daran, dass sie das von Russland überwiesene Geld bis auf den letzten Cent zurückzahlen. Putin fügte hinzu, dass Moskau »keine extravaganten Regressforderungen stellen« werde, aber intern pokert die russische Seite weiter, auch was die Zukunft der nicht gelieferten Schiffe betrifft. So besteht Moskau auf dem Passus im Vertrag, wonach die Schiffe an keinen dritten Staat verkauft werden dürfen, da die Ausrüstung speziell auf den russischen Bedarf hin konzipiert wurde und damit der Geheimhaltung unterliege.

Die französische Marine hat selbst schon drei Hubschrauberträger vom Typ Mistral und könnte sich zwei weitere nicht leisten. Im Verteidigungsministerium wurde als billigste Lösung schon vorgeschlagen, sie einfach zu versenken.

Doch die Entscheidung liegt beim Präsidenten, der die Hoffnung nicht aufgegeben hat, sich mit Putin doch noch gütlich zu einigen. Das würde beispielsweise bedeuten, die bereits installierte russische Stromversorgungs-, Navigations- und Kommunikationstechnik wieder auszubauen, um die Schiffe an interessierte Staaten verkaufen zu können. Entsprechende Signale habe man schon aus Kanada und Indien bekommen.

Auf jeden Fall muss aber damit gerechnet werden, dass künftige Abnehmer den Kaufpreis der durch die Affäre ins Gerede gekommenen Schiffe kräftig herunterhandeln.

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