Thüringer haben hohe Mietschulden

Ratenzahlungen sollen die Probleme lösen

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Erfurt. Thüringens kommunale und genossenschaftliche Wohnungsgesellschaften haben den bundesweit höchsten Anteil an Mietschuldnern. 4,6 bis 4,7 Prozent der Mietzahlungen seien in den vergangenen Jahren offen geblieben, sagte die Direktorin des Verbandes der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vtw), Constanze Victor, der Deutschen Presse-Agentur. Den im Verband organisierten Unternehmen fehlten dadurch Einnahmen von rund 36 Millionen Euro pro Jahr.

Bundesweit liege der Anteil der Mietschulden in den Mitgliedsfirmen der Wohnungswirtschaftsverbände nur bei 2,5 Prozent, in den neuen Bundesländern allerdings bei 3,2 Prozent. Nur die sachsen-anhaltische Wohnungswirtschaft habe mit 4,5 Prozent einen ähnlich hohen Mietschuldenanteil wie Thüringen.

Der Anteil und die Höhe der Mietschulden bewege sich seit etwa drei Jahren auf etwa gleichem Niveau im Freistaat, teilte Victor mit. In den Jahren zuvor war der Betrag allerdings etwas geringer geworden. So fehlten den Unternehmen im Jahr 2010 rund 40 Millionen Euro in der Kasse, weil einige Mieter nicht zahlten. 2007 betrugen die Mietschulden bei den Mitgliedsunternehmen etwa 43 Millionen Euro, zwei Jahre später waren es noch 41 Millionen Euro.

Es gebe verschiedene Erklärungsversuche, warum Thüringen der Spitzenreiter auf diesem Gebiet sei. Es könnte mit dem relativ stabilen Wohnungsmarkt zusammenhängen. In Regionen mit einem knappen Angebot sei das Risiko für Mietschuldner wohl größer, dass Zwangsräumungen drohten. In Thüringen stehen wegen des Bevölkerungsrückgangs derzeit allein rund 20 000 vtw-Wohnungen leer.

Aber auch die Armut dürfte ein Grund für die Schulden sein. In Thüringen lebte 2013 fast jeder fünfte Einwohner unter der Armutsgrenze. Nach Angaben des Paritätischen Gesamtverbandes galten vor zwei Jahren rund 400 000 Thüringer als arm. Das waren 18 Prozent aller Einwohner, bundesweit lag die Quote bei 15,5 Prozent. Innerhalb eines Jahres seien mehr als 20 000 Thüringer neu von Armut betroffen gewesen.

»Räumungen sind bei unseren Mitgliedsunternehmen die Ausnahme«, teilte die Verbandsdirektorin mit. Die hauptsächlich genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungsunternehmen versuchten dem Problem mit »Sozialmanagement und Geduld« beizukommen. Den säumigen Mietern würden beispielsweise Teilzahlungsmöglichkeiten angeboten.

Sogenannte Mietnomaden, die Wohnungen ohne zu zahlen nutzen und sich schnell die nächste Bleibe suchten, gebe es bei den Verbandsunternehmen so gut wie gar nicht. »Das ist für uns kein Thema.« Bei den Genossenschaften, in die Mieter einen Genossenschaftsanteil einzahlen müssen, hätten Mietnomaden ohnehin gar keine Chance. Bei den kommunalen Unternehmen gebe es einen Informationsaustausch. »Man warnt sich da schon mal gegenseitig.«

Der Wohnungswirtschaftsverband vertritt nach eigenen Angaben 174 Unternehmen in Thüringen, die rund 270 000 Wohnungen in ihrem Bestand haben. Ein hoher Anteil davon sind Wohnungen in den Plattenbaugebieten. Die Verbandsunternehmen spielen damit in dem Freistaat eine wichtige Rolle. Nahezu jeder zweite Mieter in Thüringen wohne in einer Wohnung eines solchen Unternehmens, erklärte Victor. dpa/nd

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