nd-aktuell.de / 18.05.2015 / Wirtschaft und Umwelt

Einheitlicher Tarifvertrag für Jobcenter-Mitarbeiter

15 Prozent Mitarbeiterfluktuation pro Jahr

Unfreundliches Personal, überforderte oder schlicht unqualifizierte Betreuer, ständig wechselnde Mitarbeiter - Jobcenter sind nicht nur in Berlin berühmt berüchtigt für ihr frostiges Sozialklima.

Mitarbeiter von Jobcenter sollen einheitliche Tarifverträge bekommen, fordert das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA), Heinrich laut einem Bericht [1]der Onlineausgabe der Süddeutschen Zeitung. Demnach lägen die monatlichen Einkommensunterschiede der rund 60 000 Mitarbeiter bei bis zu 800€. Für Alt sei es »nicht vertretbar, dass es immer noch nicht für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn gibt«, zitiert ihn die Zeitung.

Im Schnitt würden etwa 15 Prozent der Mitarbeiter, in Großstädten sogar bis zu 20 Prozent, pro Jahr ihren Arbeitgeber wechseln. »Wir sind froh, wenn jemand länger als 24 Monate bleibt«, so Alt. Neben der hohen Fluktuation kritisierte er aber auch fehlende, finanzielle Unterstützung. Er forderte eine Aufstockung von 50 Millionen Euro jährlich, um etwa 1500 Nachwuchskräfte zu gewinnen und ausbilden zu können. »Wir brauchen nicht bloß mehr Personal, sondern auch professionelles und stabiles Personal mit Empathie für die Menschen, guten Kontakten in die örtliche Wirtschaft und Erfahrung.«

303 der insgesamt 408 Jobcenter in Deutschland werden von Bundesagentur und Kommunen gemeinsam geführt. Diese seien der größte Betrieb ohne eigenes Personal. Viele Mitarbeiter würden beispielsweise von Telekom, Post oder Bahn ausgeliehen, heißt es. Andere von Städten, Gemeinden oder Bundesagentur auf Abruf zugewiesen.

Immer wieder gibt es Beschwerden über überforderte und empathielose Mitarbeiter, ständige Personalwechsel oder schlecht qualifizierte Betreuer. Zuletzt sorgte eine Studie[2] der der Berliner Humbold-Universität für Schlagzeilen, der zufolge seien Jobcenter die Hauptverursacher für Zwangsräumungen in Berlin. Durch Überforderung, Gleichgültigkeit oder eine repressive Auslegung der Hartz-IV-Gesetzgebung würden häufig Mietrückstände auflaufen, weil Gelder zu spät oder auf falsche Konten gezahlt oder Bewilligungen verweigert werden. Demnach seien diese Mitverantwortlich für Verdrängung und Zwangsenteignung. Mit 85 Prozent abgelehnter Anträge auf Miet- und Energieschuldenübernahme gab es zwischen 2007 und 2013 in Neukölln die höchste Quote, gefolgt von Reinickendorf mit 74 Prozent. nd/mit Agenturen

Links:

  1. http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/jobcenter-gleiche-arbeit-ungleicher-lohn-1.2481956
  2. https://www.sowi.hu-berlin.de/de/lehrbereiche/stadtsoz/forschung/projekte/studie-zr-web.pdf