nd-aktuell.de / 29.05.2015 / Politik / Seite 14

Ein Strauß-Kritiker soll endlich schweigen

Hat der CSU-Übervater kriminell erwirtschaftete Millionen vererbt? Ein Ex-Beamter sagt ja - und hat prompt Ärger

Der Strauß-Kritiker Wilhelm Schlötterer ist seit Jahrzehnten ein Widersacher der CSU-Spitze. Nun will die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen ihn verhängen. Doch Schlötterer gibt nicht auf.

München. Der Autor und frühere Ministerialbeamte Wilhelm Schlötterer soll das Andenken von Franz Josef Strauß verunglimpft haben. Die Staatsanwaltschaft München I hat daher beim Amtsgericht einen Strafbefehl beantragt. Das teilte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde am Mittwoch auf Anfrage der dpa mit.

Schlötterer hatte 2009 behauptet, der 1988 gestorbene CSU-Politiker Strauß habe seinen Kindern ein hohes Millionenvermögen vererbt, wobei das Geld zum Teil kriminell erwirtschaftet und nicht versteuert gewesen sei. Einen Strafbefehl will er nicht akzeptieren und es auf einen Strafprozess ankommen lassen. »Ich werde das nie und nimmer hinnehmen«, sagte Schlötterer. Das Amtsgericht hat über den Antrag der Staatsanwaltschaft noch nicht entschieden. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin ist die zuständige Richterin krank.

Schlötterer hatte 2009 das Buch »Macht und Missbrauch - Franz Josef Strauß und seine Nachfolger« veröffentlicht und auf einer Lesereise beworben. Damals forderte der frühere Steuerfachmann im Finanzministerium die Justiz auch auf, einen nachträglichen Einzug illegal erworbenen Strauß-Vermögens zu prüfen. Anschließend waren die drei Strauß-Kinder sowohl straf- als auch zivilrechtlich gegen den Ex-Beamten vorgegangen. Zivilrechtlich versuchte Strauß-Sohn Max, Schlötterer eine Wiederholung der Äußerung zu verbieten. Dabei ging es um die Frage, ob Strauß seinen Kindern 300 Millionen Mark vererbt hatte. Der Rechtsstreit zog sich fünf Jahre hin - das Oberlandesgericht Köln gab Max Strauß in zweiter Instanz kürzlich recht. Dieses Urteil will Schlötterer ebenfalls nicht akzeptieren: »Ich werde zum Bundesgerichtshof gehen.«

Gleichzeitig hatten die Strauß-Kinder im Mai 2010 Strafanzeige gegen Schlötterer bei der Münchner Staatsanwaltschaft erstattet. Das Ermittlungsverfahren dauerte fünf Jahre, weit länger als üblich. Da sich der Zivilstreit vor dem Land- und Oberlandesgericht Köln Jahre hinzog, dauerte auch das Ermittlungsverfahren entsprechend lang. Denn die Staatsanwälte wollten die Bewertung der Richter in dem Zivilverfahren abwarten.

Der juristische Hintergrund: Nach dem Strafrecht ist nicht nur die Verleumdung lebender Zeitgenossen verboten. Mit einem Strafverfahren muss auch rechnen, wer Tote verleumdet - der entsprechende Straftatbestand heißt »Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener«. Laut Staatsanwaltschaft soll Schlötterer Strauß im Dezember 2009 bei einer Autorenlesung mit seinen »nicht erweislichen« Behauptungen »verächtlich gemacht haben«.

Der kampferprobte Strauß-Kritiker hingegen verweist darauf, dass schon zwei frühere Strafverfahren gegen ihn ergebnislos verlaufen waren. Im ersten Fall habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen abgelehnt, im zweiten die Richterin den Erlass eines Strafbefehls. »Sie können davon ausgehen, dass ich die Dinge zurecht rücken werde«, sagte Schlötterer. Der Autor ist seit Jahrzehnten Gegenspieler mächtiger CSU-Politiker. Als Finanzbeamter hatte er Anfang 1993 die Amigo-Affäre ins Rollen gebracht, die zum Sturz des damaligen Ministerpräsidenten Max Streibl (CSU) führte. dpa/nd