Mit der »Öffi-Flat« zur Wahl

Landesparteitag der LINKEN stimmt für Mobilitätskonzept / Lederer beklagt soziale Spaltung

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Angriffslustig, medial präsent, inhaltlich innovativ und einen Streitpunkt abgeräumt. Die Berliner LINKE kommt aus der Defensive, auch wenn es bis zu einem Wahlerfolg 2016 noch ein weiter Weg ist.

Wenn die mediale Resonanz ein Gradmesser ist, hat die Berliner LINKE einen Wahlkampfschlager. Über die sogenannte »Öffi-Flatrate« haben nach dem Landesparteitag am Samstag in Adlershof fast alle berichtet. Der im Leitantrag »Mobilität für alle - sozial gerecht und ökologisch verantwortlich« enthaltene Vorschlag wurde mit großer Mehrheit der 151 Delegierten der Partei angenommen. Dabei hat es in der Debatte zur Verkehrspolitik durchaus einige kritische Stimmen gegeben. Die »Öffi-Flatrate«, bei der alle Berliner für 30 Euro pro Monat ein Berlin-Ticket für den Öffentlichen Nahverkehr bekommen sollen, war von der Abgeordneten Jutta Matuschek etwa als »Zwangsabgabe« mit vielen Fußangeln kritisiert worden. Auch eine Seniorenvertreterin äußerte Vorbehalte.

Der Ideengeber, für die »Öffi-Flat«, Ex-Senator Harald Wolf warb, dafür, die angestoßene Debatte zu nutzen, eine gesellschaftliche Bewegung für faire Mobilität in Berlin zu organisieren. »Das ist ein Thema, das die Menschen mobilisiert«, sagte Wolf mit Blick auf die alltäglichen Probleme im Berliner Nahverkehr wie überfüllte Züge, Stau sowie Lärm- und Feinstaubbelastung. Die Kritik einer Zwangsabgabe bei der »Öffi-Flatrate« wies Wolf zurück. »Den Begriff der Zwangsabgabe kenne ich nur aus dem anderen politischen Spektrum«, sagte Harald Wolf. Dies überzeugte am Ende die Delegierten.

Eröffnet wurde der Parteitag am Morgen mit einer mit Spannung erwarteten Rede des Landesvorsitzenden Klaus Lederer. Der zeigte sich angriffslustig: Die Koalition aus SPD und CDU interessiere sich nicht für die Probleme der Stadt. »Der Senat hat fertig«, sagte Lederer. Dafür sei auch die Flüchtlingspolitik ein Beispiel. Während gern »die Phrase von der großartigen Weltoffenheit, die hier in Berlin herrscht«, gedroschen werde, schaffe es die Landespolitik nicht, Flüchtenden »eine würdige Aufnahme zu gewähren«. Dies wäre die »Nagelprobe« für echte Weltoffenheit.

In seiner Rede ging Lederer auch auf weitere Schattenseiten der prosperierenden Metropole ein. Der Landeschef räumte ein, dass die LINKE »nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung« sei - er verwies dazu auf die Zustimmung zum Verkauf kommunaler Wohnungen. »An dieser Verantwortung tragen wir noch heute«, sagte Lederer. Der Landesvorsitzende unterstrich seine Ansprüche für die kommende Abgeordnetenhauswahl 2016: »Wir müssen das ändern und ich bin bereit dazu«, sagte der Landesvorsitzende. »Sind wir als Partei dazu auch bereit?«

Wie sehr sich die Partei zumindest in der Wohnungsfrage inzwischen geläutert zeigt, unterstrich die Übergabe von 1845 Unterschriften, die Parteimitglieder für das laufende Mietenvolksbegehren gesammelt haben. Diese wurden im Rahmen des Parteitages an Rouzbeh Taheri, den Vertreter des Volksbegehrens, übergeben. Die Initiative hat nach Eigenangabe damit »weit, weit« mehr als 30 000 Unterschriften zusammen, was für die erste Hürde eines Volksbegehrens ausreichen dürfte.

Neben den inhaltlichen Schwerpunkten Mobilität und Mieten traf der Landesparteitag auch eine Entscheidung für die Form der Kandidatenaufstellung bei der Wahl 2016. Rund zwei Drittel der Delegierten stimmten nach einer Debatte für eine berlinweite Landesliste, deren Plätze in den kommenden Monaten durch eine Personalkommission festgelegt werden sollen. Die Landesgeschäftsführerin der LINKEN, Katina Schubert, verwies in der Kontroverse auf die Herausforderungen der Mediengesellschaft, die ein »starkes Team« erfordere. »Lasst uns mit starken Listen für die Bezirksverordnetenversammlungen und einer starken Liste fürs Abgeordnetenhaus kandidieren«, sagte Schubert unter Applaus.

Der Antrag der Westbezirke Tempelhof-Schöneberg, Neukölln, Spandau und Steglitz-Zehlendorf wurde dagegen nur von einem knappen Drittel der Delegierten unterstützt. Dabei hatten die Westbezirke im Vorfeld extra einen Brief versandt: Um mehr Abgeordnete als 2011 zu erreichen, setze das voraus, »dass unsere Partei nicht nur als Partei mit Verankerung im früheren Ostteil antritt«, hieß es darin. Der innerparteiliche Konflikt ist damit beendet - vorerst zumindest.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal