nd-aktuell.de / 02.06.2015 / Kommentare / Seite 4

»Die Kosten sind ...

Kathrin Gerlof über bayerischen Bürgerkrieg und gefährliche Geranien

360 Millionen Euro soll der G7-Gipfel kosten. Ein bisschen viel. Aber ein Bürgerkrieg kostet Geld. Und die Regierung - die Kanzlerin in heiliger Eintracht mit bayerischen Behörden - führt einen Krieg gegen Bürgerinnen und Bürger.

... unverhältnismäßig.« Der Präsident des bayerischen Steuerzahlerbundes (Gibt es Steuerzahler in Bayern?) hat völlig recht. 360 Millionen Euro für den G7-Gipfel auf Schloss Elmau sind ein bisschen viel. Selbst wenn die alle viel essen und trinken und sich nachts Bezahlfilme reinziehen wollen. Aber! Ein Bürgerkrieg kostet Geld. Und die Regierung - die Kanzlerin in heiliger Eintracht mit bayerischen Behörden und bayerischen sozialdemokratischen Bürgermeisterinnen - führt einen Krieg gegen Bürgerinnen und Bürger, die sich aus dem Verbraucherdasein befreien und ihre demokratischen Grundrechte in Anspruch nehmen wollen. Sie, die Kanzlerin, hat befohlen, ein Tal und einen Berg komplett abzuriegeln, damit der randalierende Mob nicht auf die Idee kommt, gegen den Gipfel protestieren zu wollen. Eigens dafür wurden Hubschrauberlandeplätze gebaut (Sollten wir denen vielleicht den Job mit dem BER überhelfen, wenn die so was können?), Sammellager wurden errichtet und Gefängnisse aufgerüstet.

Schutzhaft, das hat schon unter Hitler gut geklappt und müsste auch in Bayern funktionieren. Schließlich haben die noch immer vom Führer siegen gelernt. Der hat die Autobahnen gebaut und die haben die Neger-Maut durchgedrückt (Die Kolumnistin hat sich von einem waschechten Bayern mit Zertifikat erklären lassen, dass in dem Freistaat »Neger« nicht als Schimpfwort gilt, weil die Schwarzen dort immer zusammenhalten.)

Es wäre jetzt aber falsch, der geistigen und militärischen Führung des Bergvolkes in Lederhosen und Dirndln anzulasten, dass sie für den Gipfel den Kriegszustand ausruft. 20 000 Polizisten, 16 Kilometer Stacheldrahtzaun, amtliche Empfehlungen an Bauern, ihre Felder mit Gülle zu tränken, damit die Protestler erstinken, wenn sie auf den Wiesen ihre Zelte aufschlagen wollen, eine sozialdemokratische Bürgermeisterin in Garmisch-Partenkirchen, die völlig freidreht - das alles geschieht auf höchsten Wunsch. Denn die Kanzlerin - unsere unprätentiöse, bescheidene, in der Sache immer harte, aber nie von Gefühlen geleitete Kanzlerin - hat sich gewünscht, dass dieser Gipfel auf Schloss Elmau stattfindet. Da ist es hübsch, da ist es Heidi. Erstens spricht das dafür, dass sie doch Gefühle hat und zweitens: Wer kann dieser Frau einen Wunsch abschlagen?

Der bayerische Innenminister, Joachim Herrmann, hat versprochen, Leib und Leben der Gipfelteilnehmer zu schützen: Gullideckel werden verschweißt, Blumentöpfe von Fensterbänken entfernt, weil ein Blumentopf ein fürchterliches Wurfgeschoss ist. Wahrlich niemand von uns will Bilder sehen, auf denen Obama mit einer Geranie auf dem Kopf durch Garmisch-Partenkirchen wankt.

An teutschen Grenzen sind wieder Kontrollen eingeführt worden, denn die Angst vor gewaltbereiten Aktivisten, die sich über Italien, Tschechien, Österreich, Frankreich und die Schweiz in den Freistaat mogeln, um dort die Rehe zu verscheuchen, die Kühe zu ängstigen und die Gipfelteilnehmer zu düpieren, ist groß.

Bayern ist der virulente Beweis dafür, dass man Proteste auch in einer Demokratie unterdrücken kann. Wirkungsvoll, nachhaltig und final. Ob es sich dann noch um eine Demokratie handelt, das sollen mal andere entscheiden, dafür ist der bayerische Innenminister nicht zuständig. Der wird kaum wissen, wie man das Wort buchstabiert.

Möglicherweise stellt sich die teure tote SPD-Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen am 6. Juni höchstpersönlich auf den Marktplatz, um mit einer G36 im Anschlag gegen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der angekündigten Großdemonstration vorzugehen. Ein Glück, dass dieses Ding so schlecht schießt. Sonst hätte die SPD ein Parteiausschlussverfahren am Hals und Garmisch-Partenkirchen würde vielleicht künftig von einer CSU-Tante regiert. Das wäre schrecklich, denn dann käme raus, dass dies überhaupt keinen Unterschied macht.