Facebook hilft beim Verschlüsseln

Größtes soziales Netzwerk will künftig OpenPGP-Schlüssel für alle Nutzer bereitstellen

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 3 Min.
Es gibt Möglichkeiten, E-Mails sicher zu machen. Derzeit scheitern sie aber oft an grundlegenden Fragen. Eine Facebook-Neuerung könnte Abhilfe schaffen.

Gäbe es zu dieser Meldung einen Soundtrack, stammte der von Schlagersängerin Katja Ebstein. »Wunder gibt es immer wieder«, sang sie beim »Grand Prix Eurovision de la Chanson«. 45 Jahre später will Facebook verschlüsselte E-Mails einführen. Ohne Hintertür und selbst für die NSA unknackbar. Das Unternehmen, das neben Google und der NSA vielen als Sinnbild des Endes jeder Privatsphäre in einer totalüberwachten Welt gilt, hat dies am Montag bekanntgeben. Ab sofort soll es Nutzern möglich sein, ihren öffentlichen OpenPGP-Schlüssel bei Facebook zu hinterlegen, der notwendig für die »Ende-zu-Ende-Verschlüsselung« ist.

Der Absender verschlüsselt seine E-Mail mit dem öffentlichen Schlüssel des Adressaten. Danach kann sie nur mit dem privaten Schlüssel des Adressaten gelesen werden. Auch nach zwei Jahren voller Snowden-Enthüllungen gilt diese - asymmetrische Verschlüsselung genannte - Methode als sicher. Selbst vor der NSA.

Doch Facebook wandelt sich damit nicht etwa vom Tor zur Datenhölle zum Heilsbringer des Datenschutzes. Denn das Geschäftsmodell fußt bekanntlich nicht auf dem E-Mail-Versand. An den laxen Datenschutzbestimmungen wird die Einführung verschlüsselter Mails ebenso wenig ändern, wie an dem Umstand, dass Facebook die Daten seiner User in Echtzeit bei der NSA abliefert. Die Kommunikation im Netzwerk wird nicht sicherer werden. Verschlüsselt werden können lediglich E-Mails zwischen Nutzer und Facebook.

Bei den meisten dieser E-Mails handelt es sich außerdem um relativ belanglose Informationen wie der Benachrichtigung über neue »Gefällt-mir«-Angaben unter eigenen Beiträgen. Mehrwert bietet die Verschlüsselung allenfalls beim Versand verloren gegangener Passwörter. Doch auch die konnten in der Vergangenheit nur schwer von Unbeteiligten abgefangen werden. Facebook sichert die Kommunikation zwischen User und Facebook seit zwei Jahren per TLS. Sie kann seitdem nicht mehr auf dem Transportweg von Dritten mitgelesen werden.

Aber der neue Verschlüsselungsstatus ist auch kein reiner Marketinggag. Der für den Datenschutz wohl wichtigste Aspekt der Neuerung ist quasi ein Nebenprodukt der verschlüsselten Status-E-Mails: Die Bereitstellung des öffentlichen OpenPGP-Schlüssels. Die flächendeckende Verschlüsselung scheiterte nämlich bisher nicht an fehlender sicherer Technik, sondern an der Bequemlichkeit der Nutzer. Denn neben der entsprechenden Einrichtung des E-Mail-Programms (dauert einmalig etwa zehn Minuten), sah sich der User bisher vor dem Abschicken einer E-Mail mit Fragen konfrontiert: Kann mein Gegenüber verschlüsseln? Woher bekomme ich seinen Schlüssel?

Um das zu beantworten, musste man bisher beim Adressaten nachfragen, in dessen Signatur suchen oder die Mail-Adresse in Schlüsseldatenbanken wie dem »PGP Globale Directory« eingeben. Facebook wäre nun die erste massentaugliche Plattform, die auflistet, wem man verschlüsselte E-Mails schicken kann und gleichzeitig die Schlüssel bereitstellt. Nur verschlüsseln muss man selbst. Denn ohne eigenes Zutun geht es nicht, wusste schon Katja Ebstein: »Wunder gibt es immer wieder, wenn sie dir begegnen, musst du sie auch seh'n.«

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