nd-aktuell.de / 09.06.2015 / Kultur / Seite 16

Illegalen Adoptionen auf der Spur

Wanjiku wa Ngugi

Manfred Loimeier

Mugure und Zack, ein junges Paar in den USA, wünschen sich ein Kind. Weil Mugure aber nicht schwanger wird, finden die beiden die Lösung in einer Adoption und nennen den kleinen Kobi, der wie Mugure aus Kenia kommt, bald ihren Jungen. Soweit, so gut. Dann bringt ein Zufall, wie das meist so ist, alles durcheinander. In den Adoptionspapieren finden sich unterschiedliche Angaben zu Kobi, und je mehr Mugure nachfragt, desto ausweichender antwortet Zack.

Diese Geschichte, mit der die in Finnland lebende Journalistin Wanjiku wa Ngugi ihren ersten Roman »Die Scheinheiligen« gestaltet, wird Mugure zurück nach Afrika führen, nach Südafrika und Kenia. Als einsame Heldin wird sie im Kampf gegen das organisierte Verbrechen einen Skandal internationalen Ausmaßes aufdecken und sich von einer anhänglichen Ehefrau zu einer treffsicheren tödlichen Schützin entwickeln. Und sie wird zuletzt, weil die wahre Mutter ihres Kobi ebenso stirbt wie ihr Mann Zack, der im übrigen realer Vater von Kobi ist, als selbstbewusste alleinerziehende Frau ihren Weg gehen.

Wanjiku wa Ngugi ist Tochter des kenianischen Schriftstellers und Nobelpreisaspiranten Ngugi wa Thiong’o und hat sich als Autorin (wie unlängst ihr Bruder Mukoma wa Ngugi mit dem Thriller »Nairobi Heat«) für das Krimigenre entschieden. Es erlaubt auf stilistischer Ebene eine Alltagssprache und ermöglicht thematisch, gesellschaftliche Missstände zu benennen. Beides meistert Wanjiku wa Ngugi ohne Probleme, und sie setzt der Handlung um illegale Adoptionen sogar noch ein System aus brutalen Zwangsschwangerschaften drauf, die überdies Stammzellen schaffen sollen.

Doch dabei schießt die Autorin sowohl stilistisch als auch thematisch über das Ziel hinaus. Die Figur der Mugure wird leicht unglaubwürdig, indem sie zunehmend zu einer Einzelkämpferin nach Art der Comicfigur Lara Croft mutiert. Die eigentlich spannend angelegte Handlung verpufft trivial ohne Knalleffekt, weil sie nur durch ein Massaker beendet werden kann, aus dem die Überlebenden gleichwohl glücklich hervorgehen. So ist der Krimi »Die Scheinheiligen« zwar gut und flüssig zu lesen, trägt aber deutlich zu dick auf.

Wanjiku wa Ngugi: Die Scheinheiligen. Roman. Aus dem Englischen von Wanda Jakob. A1 Verlag. 269 S., geb., 19,80 €.