nd-aktuell.de / 22.06.2015 / Politik

Serbien fordert Auslieferung von bosnischen Ex-Kommandeur

Naser Oric vor anderthalb Wochen in Genf festgenommen

Nach der Festnahme des früheren Kommandeurs der bosnischen Muslime in Srebrenica, Naser Oric, haben die serbischen Behörden seine Auslieferung beantragt. Ob die Vorwürfe Serbiens für einen Prozess reichen, ist noch unklar.

Belgrad. Nach der Festnahme des früheren Kommandeurs der bosnischen Muslime in Srebrenica, Naser Oric, haben die serbischen Behörden seine Auslieferung beantragt. Die Staatsanwaltschaft habe ihrem Auslieferungsantrag Dokumente beigelegt, die mutmaßliche Kriegsverbrechen von Oric während des Bosnienkriegs von 1992 bis 1995 belegen sollen, berichtete die amtliche serbische Nachrichtenagentur Tanjug am Sonntag unter Berufung auf das Justizministerium in Belgrad.

Oric war vor anderthalb Wochen in Genf festgenommen worden. In Bosnien hatte dies für Empörung gesorgt. Der serbische Präsident Tomislav Nikolic sah sich gezwungen, einen Besuch in Bosnien abzusagen.

Im Bosnienkrieg hatte Oric die bosnisch-muslimischen Truppen in Srebrenica befehligt. Nachdem die Stadt zur UN-Enklave erklärt wurde, soll er mit seinen Männern gegen die serbische Bevölkerung in benachbarten Dörfern vorgegangen sein. Gemäß dem serbischen Haftbefehl wollte er die Serben durch Einschüchterung, Folter und Mord vertreiben. Am 11. Juli 1995 wurde Srebrenica von bosnischen Serben eingenommen, die schätzungsweise 8000 bosnische Muslime ermordeten.

2006 wurde Oric vom Internationalen Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien in Den Haag zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er nicht genug gegen Verbrechen unternommen habe, die seine Truppen an Serben verübten. Zwei Jahre später wurde er in einem Berufungsprozess aber von allen Vorwürfen freigesprochen. Die Schweizer Staatsanwaltschaft muss nun prüfen, ob die Vorwürfe Serbiens sich von der Anklage des Haager Tribunals unterscheiden. Nach internationalem Recht darf Oric nicht ein zweites Mal wegen der bereits verhandelten Vorwürfe vor Gericht gestellt werden. AFP/nd