Ist die Mitnahme vermeintlich wertloser Gegenstände Diebstahl?

Keine fristlose Kündigung

  • Lesedauer: 2 Min.
Nimmt ein Angestellter Gegenstände mit nach Hause, die für den Arbeitgeber wertlos sind, rechtfertigt das keine fristlose Kündigung.

So entschied das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Az. 2 Sa 170/14), das lediglich eine Abmahnung für angemessen hält.

Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) berichtete, nahm ein Betriebsschlosser Heizölreste von seiner Arbeitsstelle mit nach Hause. Diese waren durch Kondenswasser verunreinigt und für den Betrieb unbrauchbar. Als der Arbeitgeber von dieser Gewohnheit des Mitarbeiters erfuhr, kündigte er ihm fristlos.

Der Schlosser wehrte sich dagegen. Im sei nicht bewusst gewesen, dass die Firma mit seinem Verhalten nicht einverstanden war, schließlich seien die Ölreste nichts anderes als Müll. Hätte man ihn aufgefordert, hätte er es natürlich sofort unterlassen. Immerhin arbeite er bereits seit über 30 Jahren für den Betrieb und habe ihm nicht schaden wollen.

Der Arbeitgeber behauptete jedoch, der Schlosser habe auch einwandfreies Heizöl entwendet. Außerdem berief er sich auf einen ähnlichen Vorfall, bei dem ein Kollege Diesel gestohlen hatte. Dieser war sofort fristlos entlassen worden. Daher hätte auch dem Schlosser bewusst sein müssen, wohin sein Verhalten führen würde, argumentierte der Arbeitgeber.

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern erklärte die Kündigung jedoch für ungültig. Zwar hätte der Angestellte das Eigentum seines Arbeitgebers nicht einfach so mitnehmen dürfen - selbst wenn es sich um wertlosen Müll handelte. Art und Ausmaß des Pflichtverstoßes rechtfertigten jedoch keine fristlose Kündigung. Denn der Betrieb hatte keinerlei Beweise für den Vorwurf, der Angestellte habe nutzbares Öl gestohlen.

Das Gericht ging also davon aus, dass der Mann nur Müll entwendet hatte. Hier hätte ihn der Arbeitgeber lediglich abmahnen dürfen. »Denn es lag nahe, dass der Schlosser sich über sein Fehlverhalten nicht bewusst war und sich gebessert hätte«, bekräftigt Rechtsanwalt Frank Böckhaus von der Deutschen Anwaltshotline die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Dass ein Kollege aus ähnlichen Gründen fristlos entlassen wurde, ersetze keine Abmahnung. D-AH/nd

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