Die schrecklichen Windsors

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Die Briten behaupten gerne, dass ihr Parlament die Mutter aller Parlamente sei und deshalb als Vorbild für Demokratien in aller Welt diene. Eher selten angesprochen wird die Tatsache, dass die Mehrheit derjenigen, die in dieser pseudo-gotischen Touristenattraktion am Ufer der Themse berechtigt sind, ihre Stimme abzugeben, nicht einmal gewählt werden. Sie werden ernannt. Die 792 Mitglieder des House of Lords, das Oberhaus des britischen Parlaments, sind entweder Parteispender oder linientreue Apparatschiks in einer Institution, die von vielen Briten als Großbritanniens pompösestes Altersheim bezeichnet wird. Die Rechnung übernimmt der Steuerzahler. Das House of Lords ist weltweit die einzige zweite Kammer, die größer ist als die erste Parlamentskammer: Das demokratisch gewählte House of Commons, das britische Unterhaus, hat 650 Mitglieder ...

Die Krönung dieses sonderbaren demokratischen Systems ist sein auf Erbschaft beruhendes Staatsoberhaupt ... Man kann wohl sagen, dass der Platz der Königsfamilie in der Regierung einer sogenannten fortschrittlichen Industrienation, sein Verfallsdatum bereits lange überschritten hat. Diese behauptet aber im Gegenzug, dass ihre Macht lediglich von symbolischem Charakter sei - jedoch ein fadenscheiniger Vorwand, wie sich zeigt:

Die Queen ersetzte 1975 zum Beispiel den australischen Premierminister Gough Whitlam, angeblich weil der dem Sozialismus zugeneigt war. Sie hat sogar die Macht, über Leben oder Tod zu entscheiden - die wohl größte Macht überhaupt: Die Queen unterzeichnet noch immer die Todesurteile für Staatsangehörige in den ehemaligen Kolonien und Schutzgebieten. Die rücksichtslose Behandlung ihrer unterbezahlten Bediensteten, die sich regelmäßig über die arrogante Anmaßung der Windsors beschweren, ist auf düstere Weise im Einklang mit ihrer eifrigen Begeisterung fürs Metzeln von Tieren zum Freizeitvergnügen. Ferner sind die Windsors die bevorzugten PR-Frotmänner der gigantischen britischen Rüstungsindustrie. Nicht nur sind sie regelmäßig an den oft zwielichtigen Geschäften mit zweifelhaften Partnern beteiligt, sondern auch an der fortwährenden Imagekampagne für den Handel mit Hightech-Vernichtungswaffen: Die Royals machen das Geschäft mit dem Tod salonfähig.

Die Windsors sind, wie diese Untersuchung zeigen soll, ein Schandfleck im kulturellen Erbe Großbritanniens.

Aus dem Buch von Heathcote Williams »Die Windsors - eine schrecklich nette Familie. Royal Babylon« (Westend, 174 S., br., 14,99 €).

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