nd-aktuell.de / 27.06.2015 / Kultur / Seite 16

Bedrohtes Panorama

Urheberrecht

Jürgen Amendt

Der neue BMW der 7er Reihe verspricht viel Freiheit. Dies liege, so schwelgen die Verfasser einer einschlägigen Propagandaschrift, an dem Panoramablick, den die Insassen durch das Glasdach des Fahrzeuges genießen könnten.

Panoramafreiheit ist wichtig. So wichtig, dass sich jüngst auch der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments mit diesem hohen Rechtsgut befasste. Unter Panoramafreiheit versteht das Europäische Parlament allerdings nicht die Freiheit autofahrender EU-Bürger, beim Rasen über die Autobahn einen Rundumblick genießen zu können. Panoramafreiheit definiert das Recht, Gebäude, Skulpturen, Straßen oder ähnliche Erzeugnisse von Architekten zu filmen oder zu fotografieren und diese Aufnahmen nach eigenem Gusto frei zu verwenden. Ein Anwaltsbüro, das auf Wirtschaftskriminalität spezialisiert ist, kann z.B. das Bild vom Berliner Großflughafen BER ohne Bedenken auf seine Firmenwebsite stellen, vorausgesetzt, die betreffende Aufnahme ist im öffentlichen Raum entstanden, z.B. von einer Straße aus.

Wie die Europa-Abgeordnete Julia Reda von der Piratenpartei kürzlich auf ihrer Website berichtete, will besagter Ausschuss des Europaparlaments dieses Recht einschränken. Reda ist Mitglied des Parlamentsausschusses und hatte beantragt, die Panoramafreiheit, die bislang in Deutschland und vielen anderen EU-Ländern gilt, aber eben nicht in allen, auf die gesamte EU auszudehnen. Bislang nämlich kann beispielsweise nach französischem Recht das Unternehmen, das Rechteinhaber der nächtlichen Beleuchtung des Eiffelturms ist, die Veröffentlichung von Fotografien des Pariser Wahrzeichens untersagen.

Die Mehrheit im Ausschuss entschied jedoch anders. Statt einer Liberalisierung der Regelung setzte sie eine Verschärfung der Regelungen in allen EU-Ländern durch. Angenommen wurde ein Antrag, so Reda, der die Empfehlung enthält, dass die kommerzielle Nutzung von Abbildungen nur durch Zustimmung des Urhebers erlaubt ist.

Wer den BER fotografiert, muss also, sollte die Ausschuss-Empfehlung das EU-Parlament passieren, künftig den Architekten des BER um Erlaubnis fragen, ob er das Bild verwenden darf.