nd-aktuell.de / 03.07.2015 / Politik / Seite 1

Varoufakis knüpft sein Amt an ein »Oxi«

Griechischer Finanzminister würde bei Ja zurücktreten / CDU-Politiker schließt ESM-Gelder für Athen aus

Vincent Körner
Kurz vor dem Referendum über die Gläubiger-Politik in Griechenland machen die Gegner der SYRIZA-geführten Regierung noch einmal Druck.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem warnte vor einem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone, sollte das Nein-Lager gewinnen - dabei geht es bei der Abstimmung weder um einen Grexit noch kann dieser politisch von Griechenland erzwungen werden. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt zeigte sich »genervt« von der Regierung in Athen und warf ihr Untätigkeit vor. Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags, Gunther Krichbaum, schloss Gelder für Griechenland aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM aus - und zwar unabhängig davon, wie das Referendum ausgeht. Der CDU-Politiker machte dafür juristische Gründe geltend. Athen hatte in dieser Woche einen entsprechenden Antrag gestellt.

Druck wurde auch auf anderem Wege gemacht: für entsprechende öffentliche Stimmung. Eine Umfrage, die das Ja-Lager in Griechenland erstmals mit einem Vorsprung sah und die in Deutschland große Verbreitung fand, stellte sich als verfälscht heraus. Das Umfrageinstitut GPO erklärte im Nachhinein, es seien nur Teile der Ergebnisse veröffentlicht worden. Laut einer Umfrage der Zeitung »Efsyntakton« vom Mittwoch sagten 46 Prozent, sie würden mit Nein (Oxi) stimmen, 37 Prozent wollten Ja sagen, 17 Prozent sind unentschieden.

Dass es dennoch eng wird, davon gehen viele Beobachter aus. Wie angespannt die Lage ist, zeigte der Ausschluss eines Abgeordneten der Fraktion der nationalistischen ANEL-Partei, die mit SYRIZA koaliert. Konstantin Damavolitis hatte zuvor dafür geworben, beim Referendum am Sonntag für die Annahme der Forderungen der Gläubiger zu stimmen.

Derweil hat Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis angekündigt, bei einer Mehrheit für ein Ja zurückzutreten. Auf die Frage, ob er in diesem Fall nicht mehr Finanzminister sein werde, antwortete er gegenüber Bloomberg TV: »Ich werde es nicht mehr sein.« Gegenüber dem australischen Rundfunksender ABC schloss Varoufakis auch nicht aus, dass die gesamte Regierung bei einem Ja-Votum zurücktritt.

Dass genau das das Ziel europäischer Politiker sein könnte, schließt der Mitherausgeber des britischen »Guardian«, Seumas Milne, nicht aus. In einem Kommentar schrieb er, die Bundesregierung und andere Kräfte »wollen einen Regimewechsel«. Bereits am Vortag hatte die britische »The Times« unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten führenden Unionsvertreter berichtet, Berlin werde jedes neue Kreditprogramm mit einem Veto belegen, solange Premier Alexis Tsipras und Finanzminister Varoufakis im Amt seien.

Das verfängt auch in der deutschen Öffentlichkeit. Eine neue Umfrage für die ARD zeigte abermals eine große Mehrheit der SYRIZA-Kritiker. Das Referendum hingegen kommt aber auch in Deutschland gut an: 60 Prozent der Befragten finden es richtig, die Bevölkerung über die Krisenpolitik der Gläubiger abstimmen zu lassen. Seiten 2 und 17