Wir dokumentieren den Bericht von Yannis Albanis in Auszügen, übersetzt ins Deutsche.
Albanis: »(...) Es gab eine große JA-Kampagne vor dem Referendum. Die Organisatoren setzten darauf, dass es Massenproteste gegen die Regierung geben würde, wenn die Banken geschlossen haben. Aber es kam anders. Es gab viele Demonstrationen zur Unterstützung der Regierungspolitik und gegen das Ultimatim von EU-Kommission, EZB und IWF.
Aus der Krise ist ein neues politisches System hervor gegangen. Die Repräsentationskrise hat zu neuen Formen politischen Ausdrucks geführt. (...) Die Armen haben die politische Bühne betreten. Wir erleben einen einzigartigen Moment in der Geschichte. Die Massen der Unsichtbaren, der Vergessenen, der gesellschaftlich Marginalisierten sind normalerweise aus der europäischen Politik ausgeschlossen, die von der Mittelklasse bestimmt wird. (...)
Das Referendum ist zunächst das Ergebnis des Scheiterns der Verhandlungen. Aber gleichzeitig gab es der Bevölkerung zum ersten Mal seit Jahren die Möglichkeit, ihre Meinung zu einer sehr wichtigen politischen Frage zu äußern. Die Bevölkerung ist in die erste Reihe der politischen Akteure vorgetreten. Gegen die konservativen Medien, gegen den EU-Terrorismus, gegen die bürgerliche Politik, gegen jeden Druck von außen hat sie ihre Gedanken, Gefühle und ihre Angst ausgedrückt.
Dieser neue demokratische Raum öffnete sich und ließ eine neue Form von Klassenpolitik entstehen. Ihr habt ja gesehen, dass in den armen Stadtvierteln und unter jungen Menschen in sehr hohen Prozentzahlen für das NEIN gestimmt wurde.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/977339.die-armen-haben-die-politische-buehne-betreten.html