nd-aktuell.de / 11.07.2015 / Brandenburg / Seite 14

Brandschutzfibel für Asylbewerber

Die Freiwillige Feuerwehr hat Nachwuchssorgen und könnte Flüchtlinge integrieren

Wilfried Neiße
Immer wieder gibt es in Deutschland Brandanschläge auf Flüchtlingsheime. Der Feuerwehrverband Brandenburgs präsentierte eine in mehreren Sprachen herausgegebene Brandschutzfibel für Flüchtlingskinder und ihre Eltern.

Die brandenburgische Feuerwehr stellt sich den Anforderungen, die sich aus dem verstärkten Zustrom von Flüchtlingen und Asylbewerbern ergeben. Erarbeitet wurde eine mehrsprachige Broschüre über den Brandschutz und das Verhalten im Brandfall. Das sagte der Präsident des Landesfeuerwehrverbandes Werner-Siegwart Schippel am Donnerstag im Landtag. Bei einem parlamentarischen Abend wurde die »Brandschutzfibel« vorgestellt. Die Fibel ist in Deutsch abgefasst für die Kinder, die zur Schule gehen und erfahrungsgemäß am schnellsten die Sprache erlernen. Sie ist in andere Sprachen übersetzt für die Erwachsenen. Bei so einer Fibel seien verschiedene Aspekte zu berücksichtigen, Religion, Bedeutung der Uniform und vieles mehr, erklärte Schippel.

Zur Frage, ob die von personeller Ausdünnung geplagte Freiwillige Feuerwehr Verstärkung aus Asylbewerberheimen erhalten könnte, äußerte sich Schippel zurückhaltend. Er zeigte sich aber nicht abgeneigt. Wenn junge Flüchtlinge Interesse daran haben, bei der Freiwilligen Feuerwehr mitzumachen, und die Sprache keine Hürde darstelle, »würden wir es versuchen«, sagte Schippel. Man dürfe sich das aber nicht so einfach vorstellen. Es sei schon viel erreicht, wenn Kontakte dazu führen, dass in den Heimen auf Brandschutz geachtet werde.

Andere Vertreter der Feuerwehr zeigten sich dem Thema gegenüber aufgeschlossen: Mit Brandschutz habe man überall auf der Welt zu tun, das könne für Menschen beispielsweise auch aus Syrien kein Fremdwort sein. Die Aufnahme von Flüchtlingen in die Freiwillige Feuerwehr biete eine Chance zur Integration. Die Frage der Versicherung wäre jedoch zu klären.

Vor zwei Jahren zählte die Freiwillige Feuerwehr in Brandenburg noch 45 000 Kameraden, im laufenden Jahr werde wohl die Marke 40 000 unterschritten, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Offen sprach er an, dass angesichts dieses dramatischen Schwundes und der nicht immer gewährleisteten Tageseinsatzbereitschaft die Frage aufgeworfen sei, inwieweit der Brand- und Katastrophenschutz wieder über hauptamtliche Feuerwehren gesichert werden sollte. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) unterstrich, man müsse der Realität ins Auge sehen. »Mir helfen keine geschönten Zahlen.« Er hob das enorme Aufgabenspektrum der Feuerwehr hervor, das vom der Brandlöschen über das Beseitigen von Ölspuren auf Fahrbahnen bis zum Einsammeln toter Vögel und zur Rettung von Katzen reiche. Schröter riss den Witz: »Unter 110 sitzen die Männer, die man ruft. Unter 112 sitzen die Männer, die auch kommen.«

Im Mai hatten zwei Neonazis drei Abfallcontainer neben einem Gebäude in Wünsdorf angezündet, das als Asylheim vorgesehen ist. Polizisten löschten das Feuer schnell. Die Flammen griffen nicht auf das Haus über. 2014 wurde ein Brand gelegt im Fahrstuhl eines Potsdamer Wohnblocks, der auch als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. Dieser Fall ging ein in eine Chronik der Amadeu-Antonio-Stiftung zur Gewalt gegen Flüchtlinge. Für 2014 zählt die Chronik 36 Brandanschläge in Deutschland, darunter dieser eine in Brandenburg. Der aufsehenerregendste Anschlag im Bundesland war der von Dolgenbrodt 1992. Mehrere Einwohner hatten einen Neonazi dafür bezahlt. Das Heim brannte, bevor die ersten Asylbewerber einziehen sollten. Die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr hörten die Sirene nicht oder zu spät.