nd-aktuell.de / 22.07.2015 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Schwieriges Umfeld für iranisches Öl

Teheran will Exporte um eine Million Barrel pro Tag erhöhen / Überangebot und niedrige Preise werden Käufersuche erschweren

Christian Mihatsch, Chiang Mai
Iran war einer der größten Ölexporteure der Welt - dann kam das Embargo. Nun will sich das Land in die Oberliga zurückkämpfen. Die Bedingungen sind aber ungünstig.

Iran hofft nach Abschluss des Nuklearabkommens und dem angekündigten Ende der Wirtschaftssanktionen darauf, schnell wieder eine bedeutende Rolle auf dem Ölmarkt zu spielen. Wegen veralteter Förderanlagen und einem Überangebot dürften die iranischen Ölexporte aber langsamer steigen als gehofft.

Direkt nach Ankündigung des Nuklearabkommens kam der Ölpreis unter Druck. Doch er erholte sich schnell wieder, nachdem die Märkte gespürt hatten, dass frühestens Anfang nächsten Jahres mit höheren Ölexporten aus Iran zu rechen ist. Das Land muss erst nachweisen, dass es alle Elemente des Abkommens erfüllt hat, bevor die Sanktionen aufgehoben werden. Die internationale Atomenergieagentur IAEA geht davon aus, dass dies Mitte Dezember der Fall sein wird.

Als erstes kann Iran dann seine Ölvorräte auf den Markt werfen. Schätzungen zufolge hat das Land 20 bis 40 Millionen Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) Öl auf Lager. Dann kommt es darauf an, wie schnell Iran seine Ölproduktion steigern kann und ob er Käufer für sein Öl findet. Teheran hat angekündigt, die Exporte innerhalb von sechs Monaten von heute gut einer Million auf über zwei Millionen Barrel pro Tag zu verdoppeln.

»Die eine Frage ist, wie schnell können sie Öl auf den Markt bringen und die andere Frage ist, wie schnell können sie es verkaufen beim derzeitigen Preiskrieg?«, sagt Bijan Khajepour, ein Berater. Khajepour schätzt, dass Iran seine Produktion sehr schnell um 400 000 Barrel pro Tag erhöhen kann, indem das Land Förderanlagen stärker auslastet. Anschließend werde es schwieriger. Die iranische Ölindustrie ist veraltet, viele Förderanlagen wurden in Folge der Sanktionen still gelegt. Um seine Ölindustrie zu modernisieren, ist Iran auf das Know-how der großen, internationalen Ölkonzerne angewiesen. Vor den Sanktionen waren insbesondere die Ölmultis Eni, Statoil und Total in Iran aktiv.

Das iranische Öl wird auf einen Weltmarkt treffen, der bereits heute einen Angebotsüberhang hat. Jeden Tag werden zwei Millionen Barrel mehr gefördert als verbraucht. »Irans Anstrengungen, seine Ölexporte zu steigern, hätten nicht zu einem schlechteren Zeitpunkt kommen können, in Anbetracht des Überangebots auf dem Markt«, sagt Michael Cohen von der Barclays Bank. In Saudi Arabien und Russland ist die Ölproduktion nahe einem Allzeithoch und auch die US-amerikanische Produktion von Schieferöl ist trotz des Preisverfalls in den vergangenen Monaten nicht zurückgegangen. Ed Morse von der Citigroup Bank erwartet daher, dass es schwierig für Iran wird, schnell zusätzliche Käufer zu finden: »Der Markt wird den Iranern gegenüber unfreundlich sein, wenn es darum geht, Platz zu machen, um so schnell so viel Öl zu verkaufen.«

Aus Sicht von Stephen Davis von Signal Analytics ist letztlich aber die chinesische Ölnachfrage entscheidend: »Die Leute konzentrieren sich zu sehr auf Angebot und Nachfrage, dabei ist es die Weltwirtschaft, die den Ölpreis bestimmt und China steht stellvertretend für die Weltwirtschaft.« Doch China kämpft derzeit mit nachlassendem Wachstum und Turbulenzen an den Aktienmärkten. »Es ist ein doppelter Schlag: Nicht nur das Angebot steigt viel mehr als es sollte, sondern die Nachfrage ist auch schwächer, als viele Leute meinen«, so Davis.

Noch schwieriger könnte eine deutliche Erhöhung der Gasexporte werden. Iran sitzt zwar auf den größten Gasvorkommen der Welt, hat aber zu wenig Kapazitäten um sie zu exportieren. Der Anteil am globalen Gasmarkt liegt bei nur einem Prozent. Das ist auch der EU nicht entgangen, die derzeit versucht, unabhängiger von russischem Gas zu werden. EU-Energiekommissar Miguel Arias Cañete sagt denn auch: »Es gibt ein Potenzial für größere Zusammenarbeit zwischen der EU und Iran.« Wann das erste iranische Gas in Europa ankommt, weiß er aber auch noch nicht: »Es ist zu früh, um den Zeitpunkt erster Lieferungen abzuschätzen.« Iran verfügt derzeit über keine Anlage zur Verflüssigung von Gas und hat nur zwei kleinere Exportpipelines in der Türkei und nach Armenien. Aus Sicht von Sijbren de Jong vom Zentrum für strategische Studien in Den Haag sollte sich Europa aber sputen: »Wenn europäische Firmen, Regierungen und die EU jetzt nicht auf die Überholspur einbiegen, dann werden andere Länder schneller sein.« Bereits im April wurde bekannt, dass China eine Pipeline von Iran nach Pakistan bauen will.