nd-aktuell.de / 24.07.2015 / Politik / Seite 7

Kenia schmückt sich für verlorenen Sohn

US-Präsident Barack Obama besucht auf seiner Afrikareise zuerst das Land seiner Vorfahren väterlicherseits

Markus Schönherr, Kapstadt
Am Freitag wird Barack Obama zum ersten Mal als USA-Präsident in das Land seiner Vorfahren reisen. Viele in Kenia sehen ihn als verlorenen Sohn. Doch nicht überall wird der mit offenen Armen empfangen.

An Kenias Staatstheater läuft die Generalprobe für »Barack Obama - das Musical« und die Straßenhändler haben ihren Vorrat an Obama-T-Shirts und -kappen aufgestockt. Den Weg vom Flughafen in Nairobis Stadtzentrum ziert ein Blumenmeer. Die Hauptstadt hat für umgerechnet 8,5 Millionen Euro einen neuen Anstrich erhalten. Kenia ist im Obama-Fieber: Der erste Besuch als US-Präsident steht für den Spross eines kenianischen Vaters und einer US-amerikanischen Mutter an.

Erstes Ziel auf Obamas Reise ist der Internationale Gipfel für Unternehmertum, der zum ersten Mal in Subsahara-Afrika tagt. Hier warten mehr als 1500 Jungunternehmer auf die Rede des US-Präsidenten. Samstags trifft Obama in einer offiziellen Audienz auf Kenias Staatsoberhaupt Uhuru Kenyatta. Die Themen für die Gespräche sorgten schon im Vorfeld für Spekulation - und reichlich Zündstoff. Laut dem Weißen Haus wollen sich die Staatenführer auf die Handelsbeziehungen zwischen Ostafrika und den USA sowie auf den gemeinsamen Einsatz gegen radikale Gruppierungen konzentrieren. Konservative Politiker und einige Kirchenführer fürchten jedoch, dass Obama mehr aus Washington mitbringt als nur gute Ratschläge. Sie erwarten einen Rucksack voll westlicher Werte.

Zentraler Punkt ist die Homoehe. Diese wurde kürzlich vom Obersten Gerichtshof der USA legalisiert, während in Kenia gleichgeschlechtliche Beziehungen mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden. »Die USA sind nicht Gott. Nur weil sie es legalisiert haben, heißt das nicht, dass wir ihrem Beispiel blind folgen sollten«, sagte Mark Kariuki, Bischof einer lokalen Pfingstkirche. Rund 100 Demonstranten marschierten vergangene Woche durch Nairobis Straßen, um Obama zur Vorsicht zu mahnen. Irungu Kang’ata, ein konservativer Parlamentarier, heizte die Wutmenge noch weiter an: »Wenn Obama nach Kenia kommt, um seine Abtreibungs- und Schwulen-Agenda zu bringen, sagen wir ›Halt die Klappe und geh nach Hause.‹«

Generell hätte Obamas Heimkehr glücklicher starten können. Seine Kritiker werfen ihm schon lange vor, Afrika primär als Sicherheitsrisiko zu behandeln. Vor allem die ostafrikanische Region gilt wegen des anhaltenden Terrors der somalischen al-Shabaab-Miliz als Konfliktherd. So sei der radikale Islamismus ein »entscheidender Faktor in der Auswahl der besuchten Länder, wenn nicht sogar der Hauptgrund« gewesen, urteilt das Institut für Sicherheitsstudien (ISS) in Pretoria. Nach dem dreitätigen Staatsbesuch in Kenia reist Obama in das benachbarte Äthiopien. Beide Länder gelten als strategische Verbündete der USA im Kampf gegen den globalen Terrorismus.

Während Kenias Nationalisten den US-Präsidenten zur Zurückhaltung aufriefen, lastet der Druck aus den USA enorm auf Obama. Aktivisten und Politiker drängten darauf, die Missstände in den Gastgeberländern unverblümt anzusprechen, darunter die Unterdrückung von Opposition und Zivilgesellschaft. Kenia plant nach dem Anschlag auf die Universität von Garissa im April mit 148 Toten, das Flüchtlingscamp Dadaab zu schließen - laut UNO das größte weltweit. Die Regierung beschuldigt Opposition und Hilfsorganisationen, mit den Terroristen zu kooperieren.

Zur gleichen Zeit werden in Äthiopien Journalisten und Blogger regelmäßig unter den strengen Anti-Terror-Gesetzen verhaftet. Laut US-Vizeaußenministerin Linda Thomas-Greenfield diene der Besuch dazu, »unsere Sorgen zu äußern und die Regierungen zu bewegen, das Richtige zu tun«.

Entspannter käme für Obama der Besuch in Kogelo, dem Dorf seiner Vorfahren am Viktoriasee. Hier sind zwei Schulen, ein Hotel und ein Museum nach ihm benannt. »Wir tragen ihn in unseren Herzen, schließlich lebte sein Vater bis zu seinem Tod 1982 bei uns«, zitiert die kenianische Zeitung »The Standard« die Bewohnerin Jennifer Atieno. Sie und ihre Nachbarn betrachten Obama als einen von ihnen und seine Stief-Großmutter, Sarah Obama, versprach, ein traditionelles Gericht aus Fisch und Maisbrei für ihn zuzubereiten. Ausgerechnet für diesen Besuch reiche die Zeit laut Weißem Haus jedoch nicht aus.