Freiwilligkeit hilft Puten nicht

LINKE-Politikerin Kirsten Tackmann fordert gesetzlichen Tierschutz bei Mast

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 2 Min.
Freiwillige Verpflichtungen mit der Wirtschaft sind zurecht umstritten. Eine Anfrage der Linksfraktion zu Vereinbarungen über Putenmast zeigt: Überprüfbare Ergebnisse gibt es nicht.

In der Bundesrepublik werden rund 13 Millionen Puten gehalten, die meisten davon in Niedersachsen. Ställe mit über 10 000 Tieren sind die Regel, schwere Verletzungen durch Federpicken und Kannibalismus die Folge. Um das zu verhindern, werden den Puten die Schnäbel gekürzt, eine Maßnahme, die aus tierschutzrechtlichen Gründen höchst umstritten ist und deren Abschaffung gegen den Widerstand der Mäster in verschiedenen Bundesländern diskutiert wird.

Auch der besonders hohe Einsatz von Antibiotika in der Putenmast ist problematisch. Im Januar dieses Jahres hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) eine Untersuchung veröffentlicht, der zufolge auf 88 Prozent der bei Discountern gekauften Putenfleischproben antibiotikaresistente Keime gefunden wurden. Laboruntersuchungen der Stichproben bei Aldi, Lidl, Netto, Penny und Real wiesen sowohl MRSA-Keime, die bei Menschen wie Tieren Haut und Schleimhäute besiedeln und dort Wundinfektionen verursachen können, als auch ESBL-bildende Keime nach, die Antibiotika unwirksam machen.

Um diese Folgen der Tierhaltung einzudämmen, hatte die Bundesregierung 2013 bundeseinheitliche Eckwerte für die Haltung von Mastputen eingeführt - als freiwillige Selbstverpflichtung. Vereinbart wurde, dass Mäster weniger Puten pro Stall unterbringen sollen, außer, sie nehmen an einem Gesundheitskon-trollprogramm teil. Hier werden neben anderen Krankheiten auch Fußballenveränderungen oder Brustblasenentzündungen erfasst. Daneben verpflichteten sich die Mäster, Beschäftigungsmaterial und mehr Einstreu in die Ställe zu legen.

Ob diese Selbstverpflichtung zu mehr Tierwohl geführt hat, wollte die Linksfraktion in einer Kleinen Anfrage von der Bundesregierung wissen. Indes, sie kann es nicht sagen, denn ihr liegen - so die Antwort - »keine Kenntnisse vor, ob die freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen dazu beiträgt, die Haltungsbedingungen der Tiere zu verbessern«. Schließlich gehe es um »eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft« und nicht um eine »Rechtsnorm«. Allerdings geht die Bundesregierung davon aus, »dass die Haltungsbedingungen überwiegend eingehalten werden und sich deshalb insgesamt verbessert haben«.

»Das ist angesichts der weiter bestehenden Probleme in der Putenmast zu wenig«, erklärt Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion, und fordert, auch die Putenhaltung in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu regeln. »Das ist längst überfällig und nur gerecht gegenüber den Betrieben, die sich intensiv um bessere Haltungsbedingungen bemühen«. Tackmann will die Erzeugerbetriebe durch mehr öffentlich geförderte angewandte Agrarforschung oder durch ihre Stärkung gegenüber den Verarbeitungs- und Handelsstrukturen unterstützen. »Kostendeckende Erzeugerpreise müssen neben einem existenzsichernden Einkommen der Beschäftigten auch das Tierwohl sichern. Sehr hohe Konzentrationen von Tierbeständen an Standorten oder in Regionen sind sowohl tiergesundheitlich als auch ökologisch riskant. Deshalb müssen gesetzliche Obergrenzen eingeführt werden.«

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