Das geheime Gutachten von Friedberg

Rätselraten über negative Schwingungen im Schloss

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Bürgermeister von Friedberg bei Augsburg, Roland Eichmann (SPD), hat seit einiger Zeit Ärger wegen eines von ihm in Auftrag gegebenen Feng Shui-Gutachtens für 5000 Euro. Damit sollte das der Kommune gehörende Wittelsbacher Schloss auf angebliche negative Schwingungen hin untersucht werden. Das alte Gemäuer wird derzeit zu einem Kulturzentrum umgebaut. Dazu gibt es im Stadtrat einen eigenen Schlossausschuss und der fühlte sich wegen des merkwürdigen Gutachterauftrags übergangen. Feng Shui ist eine asiatische Harmonielehre, derer sich mittlerweile auch Banken und Unternehmen mit Blick auf das Betriebsklima bedienen.

Jetzt ist das Gutachten da, doch der Bürgermeister des 29 000-Einwohner-Ortes will nichts sagen. Aus seinem Vorzimmer heißt es, das Gutachten bleibe geheim. »Ich will dieses Ding sehen«, sagt wiederum Claudia Eser-Schubert, Fraktionschefin der Grünen im Friedberger Stadtrat. Der Bürgermeister habe das Papier zwar im Schlossausschuss vorgestellt, doch nur in »zwölf Sätzen«. Eine Herausgabe habe er verweigert. Deshalb will sie mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde die Einsicht in das Gutachten erzwingen.

Der Plan, das Schloss für 20 Millionen Euro zu einem Bürger- und Kulturzentrum umzubauen, sorgte schon vor Jahren für Zwist bei den Friedbergern. Beim offiziellen Baubeginn soll Eichmann dann davon gesprochen haben, ob die kriegerische Vergangenheit des Gebäudes als Grenzburg nicht auch die schwierige Diskussion um die künftige Nutzung geprägt habe. Und er fügte mit einem Zwinkern hinzu, auch sein Hund - benannt nach dem Kriegsgott Ares - werde im Schloss immer sehr unruhig.

Aus der Lokalpresse erfuhren die Stadträte dann zum ersten Mal von der geplanten Feng Shui-Beratung für 5000 Euro und murrten. Immerhin werde im Schlossausschuss selbst das kleinste Detail diskutiert. »Geheimes Feng-Shui: der Stadtrat war nicht eingeweiht«, meldete der Bayerische Rundfunk.

Der Bürgermeister stellte darauf klar, es gebe keinen Zusammenhang zwischen seinem Hund und dem Feng Shui-Auftrag. Die Beraterin sei von sich aus gekommen und habe Empfehlungen professioneller Immobilienunternehmen vorgelegt. Demnach sei es gelungen, auch schwierige Objekte zu vermarkten. Deshalb habe er den Vertrag unterschrieben.

Auf der Website der Beraterin ist zu lesen: »Die energetische Ursachenanalyse hilft Ihnen dabei, frühzeitig positive wie auch negative Schwingungen von Bauplatz, Neubau oder Altbau zu erkennen, die anhaftende Geschichte zu lesen und bestehende Kräfte zu nutzen beziehungsweise in Harmonie zu wandeln.« Und negative Schwingungen hat das Schloss anscheinend genug gespeichert. In den Mauern des Turms soll ein Mönch lebendig eingemauert sein, der nachts mit fahler Fratze herumgeistere. Und die Kellertreppe führe in Vollmondnächten zu sagenhaften Schätzen, nur überlebt habe das noch niemand.

Dass das umstrittene Gutachten jetzt geheim bleiben soll, bestärkt die Kritiker in ihrer Ablehnung. Aber was hat der Bürgermeister nun in der Ausschusssitzung dazu gesagt? Unter anderem, dass laut Gutachten auf dem Schlosshof ein Denkmal für die Wittelsbacher angebracht werden soll. Auch wäre ein neuer Grundstein zu legen und das Thema Frieden in Sachen Wittelsbacher-Schloss mehr in den Vordergrund zu stellen. Warum diese Maßnahmen für positive Schwingungen sorgen sollen, hat der Bürgermeister nicht ausgeführt. Wahrscheinlich steht das im Gutachten, aber das ist ja geheim.

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