Schrumpfkur für Bremens Taxi-Flotte

Verband: Neue Märkte bei Dienstleistungen suchen

  • Alice Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Bremen ist nicht nur das kleinste Bundesland, sondern auf etlichen Themenfeldern leider Schlusslicht. Nun hat eine Untersuchung ergeben, dass die Stadt Bremen auch in Sachen Taxi-Nutzung mit durchschnittlich 4,3 Fahrten jährlich pro Einwohner ganz weit unten in der Tabelle steht. Dabei entspricht die Ausstattung der Taxi-Flotte dem Bundesdurchschnitt. Um die Wettbewerbs-, Arbeits- und Einkommensbedingungen zu verbessern, so meint Gutachter Thomas Krause, müsste die Taxi-Flotte vor allem verkleinert werden. Derzeit sind rund 550 Taxen in Bremen unterwegs. In den kommenden zwei Jahren sollten es 150 weniger werden.

Es sind nicht nur die »kurzen Wege«, die in Bremen seltener Fahrgäste ins Taxi steigen lassen als in anderen Großstädten. Die Ursache liegt auch nicht - wie in anderen Zusammenhängen leider so oft - in der hohen Armutsquote der Hansestadt. Die Fahrräder, Busse und Straßenbahnen sowie das Car-Sharing sind es. Das recht gut ausgebaute Fahrradwegenetz sowie der ebenfalls flächendeckend ausgebaute und in kurzer Taktung fahrende Öffentliche Personennahverkehr locken in Bremen weitaus mehr Menschen an als anderswo. Hinzu kommt noch die Vielzahl dezentral gelegener Car-Sharing-Stationen. Ein Viertel der Bremer nutzt als hauptsächliches Fortbewegungsmittel ganzjährig das Fahrrad.

Währenddessen hat das Taxi-Gewerbe Probleme, den Mindestlohn einzuhalten. Durchschnittlich lässt sich ein Stundenlohn von 7,10 Euro in Bremen einfahren, obwohl gerade in diesem Frühjahr eine neue Gebührentabelle eingeführt wurde. Darin schlug der Mindestlohn übrigens besonders beim Angebot der Frauen-Nachttaxen durch. In Bremen wird dieses Angebot allein von den Taxi-Unternehmen getragen und kostet nun pro Fahrt 4,50 Euro Grundpreis sowie 1,50 Euro pro Kilometer.

In dem vom Senator für Umwelt, Bau und Verkehr in Auftrag gegebenen Gutachten wird moniert, dass rund 40 Prozent der Taxen in Bremen »semiprofessionell« unterwegs seien. Will sagen: Die Abrechnungen ergeben betriebswirtschaftlich keinen Sinn, was auf Schwarzarbeit oder »Mogelei« bei den Sozialabgaben schließen lässt. Geschätzt wird, dass allein dem Bremer Finanzamt pro Jahr etwa zehn Millionen Euro auf diese Weise entgehen.

Doch die Folgen dieser Zustände im Bremer Taxi-Gewerbe werden in der Zukunft noch deutlicher für die einzelnen Taxi-Chauffeure und die Gesellschaft spürbar sein. Denn die meisten Fahrer - auch die selbstständigen - verdienen zu wenig, um eine ausreichende Altersvorsorge zu bezahlen. Auch veraltet die Flotte, weil viele Wagen aufgrund der niedrigen Einkommen nicht mehr richtig in Stand gehalten werden. Es steht zu befürchten, dass viele Fahrer nicht nur jetzt kein auskömmliches Einkommen haben, sondern auch im Alter auf Transferleistung angewiesen sein werden.

So hat der größte und älteste Bremer Taxi-Verband, der »Taxi Ruf Bremen«, in dem rund 210 Taxi-Unternehmen mit 475 Fahrzeugen organisiert sind, seine Mitglieder zu Kreativität aufgerufen. In Zukunft will der Verband »verstärkt neue Märkte im Dienstleistungsgewerbe erschließen«. Die Mitglieder werden aufgerufen, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen.

Der grüne Verkehrssenator Joachim Lohse will das Taxi-Dilemma lösen, in dem die Zahl der Konzessionen verringert wird. Die Zahl der Kontrollen auf Schwarzarbeit, Mindestlohnzahlung und falsche Steuer- und Sozialabgaben-Meldungen will er zugleich erhöhen.

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