nd-aktuell.de / 01.08.2015 / Kultur / Seite 16

Gastprofessur für Ai Weiwei

Der Freundeskreis des chinesischen Künstlers Ai Weiwei rechnet mit einem längeren Aufenthalt des 57-Jährigen in Deutschland. »Wir freuen uns, dass Ai Weiwei jetzt seine Gastprofessur an der Universität der Künste annehmen kann«, sagte der Galerist und Sprecher der Initiative, Alexander Ochs, am Freitag in Berlin. »So wie wir ihn kennen, wird er diese Aufgabe sehr ernst nehmen und während der Semester sicher hier sein.« Ai Weiwei war am Donnerstag in Deutschland eingetroffen, nachdem er erst vor wenigen Tagen von den chinesischen Behörden seinen Pass zurückerhalten hatte.

Die Universität hatte Ai Weiwei 2011 auf die drei Jahre laufende Einstein-Gastprofessur berufen, die der Künstler wegen des chinesischen Ausreiseverbots bisher nicht annehmen konnte. Nach seiner Ausreise hofft die UdK nun darauf, dass er die angebotene Gastprofessur bald antritt. »Bei seinem Aufenthalt in Deutschland würden wir hierüber gern ins Gespräch kommen«, sagte Universitätssprecher Bjoern Wilck. »Die Berufung besteht seit vier Jahren, die Finanzierung ist dank der Einstein Stiftung Berlin gesichert.«

An Berlin bindet den Künstler viel. Bereits im vergangenen Jahr hatte er seinen Sohn Ai Lao aus Angst vor der Unberechenbarkeit der chinesischen Behörden nach Berlin geschickt. Der Junge lebt seither mit seiner Mutter, der unabhängigen Filmemacherin Wang Fen, in der Bundeshauptstadt. »Wir sind keine Familie im rechtlichen Sinn, aber in Peking habe ich meinen Sohn acht bis zehn Stunden am Tag gesehen«, erzählte Ai Weiwei im Februar, als er während der Berlinale per Fernregie einen Kurzfilm über das eigene Vater-Sohn-Schicksal drehte.

Auch die Berliner Akademie der Künste hofft laut Präsidentin Jeanine Meerapfel auf ein baldiges Treffen mit Ai Weiwei. Die renommierte Künstlervereinigung hatte ihn 2011 während seiner 81-tägigen Verschleppung demonstrativ zum Mitglied gewählt. Sie wollte damit - ähnlich wie die Kunst-Uni mit der Gastprofessur - auch Solidarität signalisieren. »Wir haben ihn als einen international herausragenden Künstler aufgenommen, der unter einem besonderen Zwang stand«, sagt der heutige Ehrenpräsident der Akademie, Klaus Staeck. Freilich: Dass der chinesische Künstler sich ganz in Berlin niederlassen könnte, gilt als unwahrscheinlich. »Wenn er das wollte, hätte er sicher schon früher kommen können«, sagt Galerist Ochs. »Aber er kann ohne China nicht leben.« dpa/nd