Bürgerkrieg ist eine Option

Burundis Opposition fordert Machtteilung, sonst droht Waffengang

  • Anne Gonschorek, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.
Burundi droht auch nach der Wahl weiterhin ein Bürgerkrieg. Präsident Pierre Nkurunziza ist zur Machtteilung bisher nicht bereit, in der Afrikanischen Union wächst die Frustration.

Burundi steht auch nach der Wahl vor vielen Problemen. Präsident Pierre Nkurunzizas Sieg ist, obwohl erwartet, keiner, den er und seine Anhänger feiern sollten. Obwohl er offiziell 69,41 Prozent der Stimmen für sich eingenommen haben soll, ist das winzige ostafrikanische Land noch immer weit von Stabilität entfernt, denn viele stellen dieses Ergebnis in Frage. Die umstrittene dritte Amtszeit des 51-Jährigen könnte durchaus zu weiteren Ausschreitungen führen.

Vor allem in der Hauptstadt widersprechen viele Bürger Nkurunzizas Ansicht, dass seine erste Amtszeit nicht gelte, weil er zunächst vom Parlament ernannt und nicht vom Volk gewählt worden war. Auch die Entscheidung des Verfassungsgerichts, ihn in seinem Bestreben zu unterstützen, änderte nichts an dieser Haltung. Nkurunzizas Beharren, sich dennoch zur Wahl aufstellen zu lassen und die brutale Durchsetzung dieses Vorhabens führten zu monatelangen Protesten, einem versuchten Umsturz, dem Tod von über 100 Menschen und einem Exodus von 170 000 Flüchtlingen in benachbarte Länder.

Doch tatsächlich geht es gar nicht nur um den Widerstand gegen den Präsidenten. Viele Analysen unterschlagen, dass Nkurunziza in weiten Teilen des Landes durchaus beliebt ist. Offiziell spricht man sogar von einer 75-prozentigen Wahlbeteiligung in den ländlichen Gegenden. Die Strategie des Präsidenten bleibt indessen dieselbe: Er wird Probleme und Betrugsvorwürfe mit eiserner Stirn leugnen und darauf hoffen, dass weder die Opposition noch die Ostafrikanische Gemeinschaft oder die Afrikanische Union die ihnen präsentierten vollendeten Tatsachen anfechten werden. Dabei könnte ihm die Opposition in die Hände spielen, denn die verschiedenen Parteien stehen dem Präsidenten bei weitem nicht geschlossen gegenüber.

Für sie gibt es zwei Hauptoptionen. Die eine ist ein Bürgerkrieg. Einige Oppositionsgruppen scheinen darauf aus zu sein, die Arbeit der Regierung zu lähmen, komme was wolle. »Der nächste Schritt ist, uns zu organisieren und Widerstand zu leisten, um Pierre Nkurunziza zu zeigen, dass er gehen muss«, sagte General Leonard Ngendakumana, der an dem gescheiterten Umsturzversuch im Mai Anteil hatte, aus seinem Exil in Tansanias Daressalam. »Dann müssen wir bereit sein, es mit Gewalt zu erzwingen, indem wir Militärtruppen organisieren.«

Die zweite Option würde beinhalten, Nkurunziza dazu zu überreden, die Regierungsmacht zu teilen. »Burundi zugunsten kann die Idee einer Regierung der nationalen Einheit akzeptiert werden«, sagte Agathon Rwasa, der Leiter der Oppositionskoalition Amizero y’Abarundi gegenüber Reuters. Rwasa stellt sich eine gemeinsame Verwaltung mit einem Verfallsdatum im nächsten Jahr vor, in der die Opposition die Kontrolle über Schlüsselministerien erlangen würde.

Auch die Afrikanische Union (AU) sieht sich schwierigen Entscheidungen gegenüber. Berichten zufolge, sind immer mehr Mitglieder frustriert, dass die Vermittlungsbemühungen der East African Community (EAC) bisher fruchtlos scheinen. Allerdings sind auch die Möglichkeiten der AU selbst begrenzt. Die stärksten Maßnahmen, die sie anwenden kann, sind, Burundi von ihrem Zusammenschluss auszuschließen und Sanktionen zu verhängen.

Kriegsszenario oder nicht, die burundische Wirtschaft steht kurz vor dem Zusammenbruch. Allein im Juni stieg die Inflationsrate auf 7,7 Prozent an. Burundis Zukunft bleibt also ungewiss. Die Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« geht davon aus, dass jeden Tag 2500 Burundier die Grenze nach Tansania überqueren. Weitere fliehen nach Ruanda und in die Demokratische Republik Kongo. Der Flüchtlingsstrom ist so groß, dass das Auffanglager an der Grenze in Nyarugusu fast 250 Prozent seiner Kapazität erreicht hat.

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