Der Landtag bleibt ein »Männerclub«

Geringer Frauenanteil in Baden-Württembergs Politik

  • Roland Böhm, Stuttgart
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Landtag von Baden-Württemberg bleibt nach Überzeugung des Landesfrauenrats noch über Jahre der »Männerclub« der Republik. Auch nach der nächsten Wahl im März 2016 wird nur gut jeder fünfte Platz im Stuttgarter Parlament mit einer Frau besetzt sein, wie Manuela Rukavina vom Vorstand des Bündnisses vor kurzem in Stuttgart mitteilte. Ohne Änderung des Wahlrechts sei auch über Jahre keine Besserung zu erwarten. Womit Baden-Württemberg in dieser Statistik weiter Letzter bleibt.

Mit einem Frauenanteil von 20,3 Prozent liegt der Südwesten im Bundesvergleich abgeschlagen hinten, der Vorletzte Mecklenburg-Vorpommern bringt es auf 28,2 Prozent. Primus ist Thüringen mit 40,6 Prozent. Problem sei das Ein-Stimmen-Wahlrecht, das es in keinem anderen Bundesland gebe, so Rukavina. Wer sich da durchsetzen wolle, müsse Ellenbogen ausfahren, was vielen Frauen nicht liege. Sie scheuten auch die Konfrontation mit den möglicherweise alteingesessenen »Platzhirschen«.

Überall dort, wo über Listen gewählt werde, setzten sich mehr Frauen durch, hieß es. Der Landesfrauenrat fordere für Baden-Württemberg ein ähnliches Wahlsystem wie für die Bundestagswahl mit einer Kombination aus Direkt- und Listenkandidaten. Zu einer Änderung des Systems war es in dieser Legislaturperiode nicht gekommen, da die Fraktionen für so etwas eine große Mehrheit im Parlament suchten - und nicht fanden. Die Hoffnung auf den neuen Landtag sterbe zuletzt, hieß es.

Besuchern des Landtags werde sich nach der Wahl 2016 vor allem ein Blick auf graue Männerrücken bieten, sagte Rukavina. Einzig die Grünen hätten auf der Suche nach Kandidatinnen für die Landtagswahl einen einigermaßen annehmbaren Frauenanteil von knapp 44 Prozent erzielt. Die drei anderen im Landtag vertretenen Parteien kommen bisher über 30 Prozent nicht hinaus. Schlusslicht ist die CDU: Nur 15 der bisher 68 Nominierten sind Frauen, was einem Anteil von 22 Prozent entspricht.

Vorbildlich sei der Wahlkreis Ettlingen bei Karlsruhe: Die vier aktuell im Landtag vertretenen Parteien und die LINKE bieten den Wählern dort vier Erstkandidatinnen. Auf drei bringen es immerhin die beiden Stuttgarter Wahlkreise, Bretten, Rastatt und Heidelberg. Negativbeispiele aus Sicht des Landesfrauenrates sind die Wahlkreise Vaihingen, Bietigheim-Bissingen, Sinsheim und Ulm, wo nur Männer antreten.

Im aktuellen Landtag hat die Grünen-Fraktion den höchsten Frauenanteil: Fast jeder dritte Parlamentarier der Ökopartei ist weiblich. Die FDP-Fraktion hat gar keine Frau. Die SPD-Fraktion bringt es auf 20 Prozent Frauen, die CDU auf knapp 17 Prozent.

Mit nur sechs Frauen im 15-köpfigen Landeskabinett und nur einer Fraktionschefin sei auch die Vorbildfunktion ausbaufähig, betonte der Landesfrauenrat. Positive Berichte von Frauen, die sich in den »Männerclub« Landtag wagten, würden helfen, betonte Rukavina. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) etwa berichtet, dass sie die Erfahrung machte, von den Männern »sehr ernst« genommen zu werden. Jedoch: »Als Frau - wie als Mann - in der Politik muss man einstecken können, muss Durchsetzungsstärke zeigen und in der Lage sein, den eigenen Weg zu suchen«, sagte Bauer. Auch Arbeitsministerin Katrin Altpeter (SPD) ließ mitteilen: »Für mich bleibt das Ziel, mehr Frauen in den Landtag zu bringen, auf der politischen Agenda.« dpa/nd

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