Schulden: Normal, aber riskant

Restschuldversicherung

  • Hermannus Pfeiffer, Wirtschaftspublizist
  • Lesedauer: 3 Min.
Restkreditversicherungen versprechen Sicherheit, sind aber teuer und selten verbrauchergerecht.

Die meisten Bankkunden halten Schulden für »normal«. Das ergab eine aktuelle Studie im Auftrag des Inkassounternehmens Kruk. Beruhigend, dass trotzdem 67 Prozent der Befragten Bankkredite für sehr riskant halten. Doch wer ein Darlehen für ein neues Auto, eine schicke Küche oder ein Eigenheim aufnimmt, kann sich absichern, durch eine sogenannte Restschuldversicherung. Wird der Kreditnehmer arbeitslos oder arbeitsunfähig, übernimmt diese die Raten. Im Todesfall kann sogar die gesamte Kreditsumme gezahlt werden.

Jährlich 300 000 Verträge

Restschuldversicherungen verkaufen sich gut. Laut Bankenverband BdB in Berlin hat sich 2014 Jahr ein Viertel der privaten Kreditkunden dafür entschieden. Mehr oder weniger auf Druck der Bank. Jährlich werden etwa 300 000 neue Verträge abgeschlossen. Insgesamt existieren rund 1,5 Millionen Policen mit einer Gesamtversicherungssumme von mehr als 10 Milliarden Euro. Laut Andrea Heyer, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale (VZ) Sachsen in Leipzig, wird mit einem Ratenkredit regelmäßig auch gleich ein Versicherungsprodukt mit angeboten.

Doch Vorsicht: Vielfach entsteht bei Verbrauchern der Eindruck, dass sie den Kredit nur dann bekommen, wenn sie auch dieses Versicherungsprodukt mit abschließen. Doch das ist nicht der Fall.

Ein teures Produkt

Im Bankalltag steht nicht immer »Restschuldversicherung« drauf, wo eine Restschuldversicherung drin ist. Ob Bank oder Sparkasse, Baufinanzierer und Autokreditverkäufer - alle bieten eigene Varianten an, jeweils mit einem anderen fantasievollen Namen geschmückt. Dabei sind Banken und Sparkassen nur Vermittler. Die eigentliche Versicherungsleistung wird von einem Versicherungsunternehmen gestellt. Die Bank und manchmal auch deren Mitarbeiter kassieren Provision.

Doch die Restschuldversicherung ist in Deutschland ein teures Produkt! Ein Kredit von 10 000 Euro über eine Laufzeit von fünf Jahren kostet im vierstelligen Bereich. Im Regelfall wird der Betrag auf die Kreditsumme aufgeschlagen. Die Prämie steigt mit Darlehenshöhe und Alter des Kreditnehmers.

Außerdem gibt es komplizierte Ausschlussklauseln. Zum Beispiel springt der Versicherer im Todesfall oder bei Arbeitsunfähigkeit nicht ein, wenn dafür Vorerkrankungen verantwortlich sind. Auch für Erwerbslose halten die Verträge Tücken bereit. So ist eine Karenzzeit üblich: Es wird also nicht gleich nach Beginn der Arbeitslosigkeit gezahlt. Eine »Höchstleistungsfrist« sorgt außerdem dafür, dass der Versicherer oft nur für höchstens zwölf oder achtzehn Monate zahlt. In vielen Fällen sehen sich Kreditnehmer und Versicherer dann vor Gericht wieder.

Zu diesem Ergebnis kommen die Verbraucherzentralen Hessen und Sachsen bei einer gemeinsamen Untersuchung zum Vertrieb von Restkreditversicherungen bei Ratenkrediten. Als Datenmaterial dienten die persönlichen Beratungen in den Verbraucherzentralen. Andrea Heyer nennt das Ergebnis ernüchternd. »Es fehlt aus Verbrauchersicht an Wettbewerb in diesem Marktsegment.« Dieser Mangel habe ungünstige Auswirkungen auf die Kreditnehmer. Diese spiegeln sich unter anderem im teuren Preis und in der verbraucherunfreundlichen Vertragsgestaltung wider.

Verschiedene Arten

Es gibt verschiedene Arten der Restschuldversicherung: Von der »Mindestabsicherung« - für den Todesfall des Kreditnehmers - bis zur »Komplettabsicherung« gegen Unfall, Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit. Einen Haken haben besonders Komplettabsicherungen: Je umfassender der Versicherungsschutz, desto teurer die Restschuldversicherung.

Es gibt Alternativen

Pflicht ist eine Restschuldversicherung nicht. Und es gibt Alternativen. So können Sie der Bank einen Kapitallebensversicherungsvertrag oder einen Sparvertrag als Sicherheit anbieten. Für den Autokredit oder das neue Sofa ist eine Versicherung angesichts der damit verbundenen Kosten übertrieben. Dagegen sollten große Kreditsummen wie bei einem Immobiliendarlehen unbedingt abgesichert werden.

Tipp von Andrea Heyer: »Man wird hier aber die klassische Risikolebensversicherung dafür wählen, die sehr viel preisgünstiger ist.« Wer eine Restschuldversicherung bereits abgeschlossen hat, kann den Vertrag mit einer Kündigung beenden. Ein Anteil der Versicherungsprämie wird dann erstattet.

Der im April veröffentlichte Bericht über Restkreditversicherungen kann unter www.verbraucher.de aus dem Internet heruntergeladen werden. Die VZ Sachsen bietet eine telefonische Beratung zu Restschuldversicherungen an (0900/1015555-2; 1,24 €/Min. aus dem deutschen Festnetz).

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