BGH stärkt Kunden den Rücken

Fragen & Antworten zu alten Lebensversicherungen

  • Lesedauer: 2 Min.
Mancher möchte seine Lebensversicherung am liebsten ungeschehen machen. Das geht unter bestimmten Voraussetzungen. Details klärte der Bundesgerichtshof mit einem aktuellen Urteil.

Wer gegen seinen Policen-Lebensversicherungsvertrag erfolgreich Widerspruch eingelegt hat, möchte bei der Rückabwicklung möglichst viel Geld sehen. Was ein Kunde zurück verlangen kann und was die Versicherung behalten darf, klärte der Bundesgerichtshof (BGH) am 29. Juli 2015 in einem Grundsatzurteil (Az. IV ZR 384/14 u.a.).

Was hat der BGH entschieden?

Das Gericht stellte erstmals Grundsätze darüber auf, wie Versicherungsverträge nach erfolgreichem Widerspruch des Kunden rückabgewickelt werden können.

Warum ist das so wichtig?

Der Bundesgerichtshof hatte im Mai vergangenen Jahres in einem Grundsatzurteil (Az. IV ZR 76/11) entschieden, dass Lebensversicherungen auch noch nach Jahren rückabgewickelt werden können, wenn der Kunde bei Vertragsschluss nicht richtig über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt wurde. Das betraf Versicherungen, die zwischen 1994 und 2007 nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen worden waren. Dabei erhielt der Kunde die Unterlagen erst mit dem Versicherungsschein.

Und weiter?

Wie viel die betroffenen Kunden dann aber von ihren Prämien und von erwirtschafteten Zinsen zurück erhalten, sagte das Gericht damals nicht genau. Die Richter machten zwar deutlich, dass ein Versicherter Abstriche machen muss, etwa weil der Versicherungsschutz abgezogen werden muss, den er genossen hat. Weitere Details waren aber nicht klar.

Was sagte der BGH jetzt?

Er hat bestätigt, dass der Kunde sich den Versicherungsschutz anrechnen lassen muss, den er während des Vertrages genossen hat. In einem Punkt hielt der BGH einen weiteren Abzug für geboten. Das betrifft die Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag, die der Versicherer bei Auszahlung des Rückkaufswertes für den Kunden an das Finanzamt abführte. Das müsse sich der Kunde als »Vermögensvorteil« anrechnen lassen.

Andererseits muss der Versicherte sich nicht die Abschluss- und Verwaltungskosten anrechnen lassen. Diese können ordentlich zu Buche schlagen: In den entscheidenden Fällen betrugen diese und damit die Prämien für den Makler zwischen 1000 und rund 3500 Euro.

Ist damit alles gesagt?

Nein. So bleibt auch nach diesem Urteil unklar, wie genau die Zinsen zu berechnen oder zu schätzen sind, die das Unternehmen erwirtschaftet hat. Voraussichtlich im Herbst will.

Betreffen die Urteile viele?

Das kann Schätzungen zufolge der Fall sein: in den unteren Instanzen »Tausende Fälle«. Offizielle Zahlen liegen nicht vor.

Wer hatte sich gestritten?

Kunden hatten die AachenMünchener Lebensversicherung verklagt. Sie waren unzufrieden mit der Rückabwicklung ihrer fondsgebundenen Lebensversicherungen: In einem Fall zahlte ein Kunde rund 10 800 Euro an Prämien ein und erhielt nur etwa 8600 Euro zurück. dpa/nd

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