nd-aktuell.de / 06.08.2015 / Brandenburg / Seite 12

Potsdamer Monopoly

Im Rahmen der »Neugestaltung des Lustgartens« wird erneut die Zukunft des »Mercure«-Hotels in Frage gestellt

Wilfried Neiße
Schrittweise verschwindet das bauliche Erbe der DDR aus dem Stadtbild von Potsdam. Unter dem Vorwand der »Neugestaltung des Lustgartens« gerät derzeit das »Mercure«-Hotel wieder in den Focus.

Das Gelände des zentral am Havelufer gelegenen Lustgartens ist nach der Wende für viel Geld bereits umgestaltet worden. Es wurde das innerstädtische Sportstadion abgetragen, die sozialistischen Skulpturen wurden hinter Büschen versteckt und das Ganze diente dann solchen Freiluft-Großveranstaltungen wie Märkten und Konzerten. Vor allem der dort alljährlich abgehaltene Weihnachtsmarkt ist eine Massenattraktion. Warum aber das Land überhaupt nochmals mehr als eine halbe Million Euro dafür ausgibt, um dieses einstige kaiserlich-königliche Exerziergelände erneut umzubauen, wird erst verständlich, wenn man das Hotel »Mercure« einbezieht. Das frühere »Interhotel Potsdam« bildet den Abschluss des einstigen Architekturensembles und erhebt sich gegenüber dem Schloss-Remake des Landtags.

LINKE-Stadtfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg hatte sich beim Bauministerium des Landes Brandenburg danach erkundigt, wie die Ergebnisse der Lustgarten-Planungswerkstatt bewertet werden. Er zeigte sich »erstaunt über die oberflächlichen Antworten«, die er seitens der Landesregierung erhalten habe. Darin heißt es: »Der Presse war zu entnehmen, dass das dritte Werkstattverfahren erfolgreich abgeschlossen wurde. Nähere Informationen liegen der Landesregierung hierzu nicht vor«. Das mäßige Interesse von Ministerin Kathrin Schneider am Umgang mit einer halben Million Euro Steuergeld, die ihr Haus für diesen Vorgang bereitgestellt hat, ärgert den Potsdamer Politiker.

Deshalb hatte sich Scharfenberg unter anderem danach erkundigt, wie die Landesregierung den erreichten Stand der Planungswerkstatt einschätzt.

Die von der Ministerin gelobte »intensive Bürgerbeteiligung gerade auch im Rahmen der Planungswerkstätten« kann Scharfenberg nicht erkennen. Ihm zufolge waren diese Gesprächsrunden spärlich besucht gewesen und nur auf ein einziges Ziel gerichtet - den alsbaldigen Abriss des »Mercure«-Hotels.

Scharfenbergs Stellvertreterin im Potsdamer Stadtparlament, Karin Schröter, staunt über den enormen finanziellen Aufwand, der in keinem Verhältnis zum angestrebten Ergebnis stehe. Wenn das Hotel aus dem Grunde weg müsse, weil es die Sicht aus dem Landtagsschloss auf das Havelwasser verstelle, dann sei das als Begründung zu wenig. Auf der gegenüberliegenden Seite wird die Landtagssicht zum Wasser übrigens gerade durch Neugebäude zubetoniert. Viel Geld ist ihr zufolge im Lustgarten verbaut worden, um innerstädtische Großereignissen und Schaustellern einen Raum zu geben. Es sei eine Frage, warum diese Funktionen nun keine Rolle mehr spielen sollen beziehungsweise eingeschränkt werden.

Für die LINKE forderte Scharfenberg eine Bürgerbefragung zur künftigen Gestalt des Lustgartens. »Ohne diese werden wir der Änderung der Sanierungsziele nicht zustimmen«, stellte der Fraktionsvorsitzende klar.

Im September sollen die Stadtverordneten über die Ergebnisse der Planungswerkstatt befinden. Alle bereits »durchgewinkten« Vorschläge haben eins gemeinsam: Sie sehen die Beseitigung dieses völlig intakten Gebäudes aus ideologischen Gründen vor: Dem zu DDR-Zeiten errichteten Bau liegen andere architektonische und ästhetische Vorstellungen zu Grunde als denen eines »preußischen Arkadiens«.

Die LINKE verteidigt laut Schröter diesen Hotelstandort, weil er bei Besuchern beliebt sei, einen innerstädtischen Wirtschaftsbereich abgebe, der nicht einfach so ersetzbar sei, der ferner für die Stadt eine solide Quelle von Steuern darstelle und nicht zuletzt viele Arbeitsplätze sichere. Schon vor einiger Zeit waren Abrissbestrebungen gescheitert, weil der Kauf des funktionierenden Hotels, sein Abriss in einem der verkehrsreichsten Bereiche der Innenstadt und Herstellung der »grünen Wiese« Unsummen gekostet hätten.