Die UNO baut auf private Finanzquellen

Der Bedarf für die Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele bis 2030 wird auf mehrere Billionen Dollar geschätzt

  • Thalif Deen, New York
  • Lesedauer: 4 Min.
Nachdem sich die Mitgliedsstaaten der UNO auf die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) bis 2030 geeinigt haben, stellt sich die Finanzierungsfrage: Die UNO setzt auf die Privatwirtschaft. Das findet Kritik.

Wenn die Vereinten Nationen finanzielle Mittel für ihre Entwicklungsvorhaben oder sozialen Anliegen brauchen, wenden sie sich heutzutage an die Privatwirtschaft. Sie hoffen unter anderem darauf, dass die Unternehmen einen erheblichen Beitrag leisten werden, damit der Klimafinanzierungsfonds ab 2020 wie geplant mit jährlich 100 Milliarden US-Dollar bestückt werden kann. Insgesamt klassifizierten die Teilnehmer auf der Entwicklungsfinanzierungskonferenz Mitte Juli in Addis Abeba den Bedarf für die Umsetzung nachhaltiger Entwicklung bis 2030 auf 2,5 Billionen Dollar.

Gleichzeitig drängen kritische Stimmen die UNO dazu, bei der Wahl ihrer Partner doppelt genau hinzusehen. Vor jeder Zusammenarbeit gelte es sicherzustellen, dass die betreffenden Unternehmen in Sachen Menschen-, Arbeits- und Umweltrechte eine saubere Weste hätten und ihrer sozialgesellschaftlichen Verantwortung nachkämen.

Willkommen ist der UNO die Unterstützung des Privatsektors nicht zuletzt wegen der seit Jahren zu beobachtenden Gebermüdigkeit. Zudem fehlt es an innovativen Instrumenten der Entwicklungsfinanzierung, um die gewaltigen Herausforderungen der Zukunft stemmen zu können.

Im Zeitraum 2009 bis 2013 konnte das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) auf 135 Millionen Dollar aus dem Privatsektor zurückgreifen, um Projekte in den Bereichen Wasser, Energie, Gesundheit, Landwirtschaft und Informationstechnologien durchführen zu können.

So stellte die südafrikanische Firma Mediclave Sterilisatoren für Injektionsnadeln, Schutzanzüge, Handschuhe und andere medizinische Gerätschaften bereit. Der japanische Konzern Panasonic spendete dem westafrikanischen Liberia 240 Solarlampen, denen noch weitere folgen sollen, die Gesundheitsarbeitern in der Hauptstadt Monrovia erlauben, auch nachts zu arbeiten.

Ein weiterer UNDP-Partner ist die Svani Group Limited, ein ghanaisches Fahrzeugunternehmen. Es hatte für die Anti-Ebola-Einsätze der UN-Organisation in westafrikanischen Ländern mindestens acht gepanzerte Fahrzeuge bereitgestellt.

Der UN Academic Impact (UNAI) bringt höhere Bildungsinstitutionen mit den Vereinten Nationen zur Realisierung der universell anerkannten Menschenrechtsprinzipien Bildung, Nachhaltigkeit und Konfliktlösung zusammen. Die Initiative hatte erst kürzlich mit der «UnHate-Stiftung» des Bekleidungskonzerns United Colours of Benetton einen Diversitäts-Wettbewerb veranstaltet. Die Veranstaltung sollte die Fähigkeiten und Möglichkeiten junger Leute bei der Lösung der drängendsten Weltprobleme wie Rassismus und Fremdenhass fördern.

Für den Wettbewerb waren über 100 Projekte aus 31 Ländern eingereicht worden. Die Vorschläge waren breit gefächert und richteten sich gegen Intoleranz, Rassismus und Extremismus. Die jungen Leute hatten sämtliche Aspekte ihrer Projekte - von der Visualisierung des Projekts bis zur Abschätzung seiner Reichweite und Kosten sowie einer erfolgreichen Durchführung - selbst entwickelt.

Seit zwei Jahren unterstützt Benetton zudem die internationalen Kampagnen der UN-Frauenorganisation zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt. «Wir hoffen, dass wir die Partnerschaft mit der »UnHate-Stiftung« in Zukunft ausweiten können, sagte Nanette Braun von UN Women gegenüber IPS.

Mariarosa Cutillo ist für die internationalen Sozialprojekte von Benetton zuständig. Wie sie betonte, ist das soziale Engagement Teil des Firmenprofils. Benetton sei in dieser Hinsicht schon immer wegweisend gewesen - mal auf provokante, aber stets auf progressive Art. Zu den zukunftsorientierten Projekten des Unternehmens gehöre auch der Kampf gegen Intoleranz und Diskriminierung. Sie wies ferner darauf hin, dass Benetton seinen Ethikansatz weiter mit Sozial- und Kommunikationskampagnen verfestigt habe, was zur Gründung der UnHate-Stiftung führte.

Seit 2011 hat die Stiftung eine Reihe von Anti-Hass-Maßnahmen entwickelt. Gleichzeitig versucht der Konzern insbesondere junge Leute mit den Instrumentarien auszustatten, die sie brauchen, um positive Veränderungen herbeizuführen. »Wir sind der Meinung, dass junge Leute viel bewegen können, auch mit Blick auf die Post-2015-Entwicklungsagenda. Es reicht nicht aus, ihnen eine Stimme zu geben«, so Cutillo. Deshalb sei es der Benetton-Stiftung wichtig, jungen Leuten die Mitarbeit an Menschenrechts- und Entwicklungsprojekten zu ermöglichen.

Als ein weiteres Beispiel einer gelungenen Hilfeleistung nannte Cutillo die Initiative ihrer Stiftung 'Arbeitsloser des Jahres', die 2012 die Finanzierung von 100 Projekten und Start-up-Unternehmen in aller Welt ermöglichte. Auch damals habe man die Genialität und Kreativität junger Leute unter Beweis stellen können - in diesem Fall im Umgang mit dem Problem der Arbeitslosigkeit.

Cutillo zufolge arbeitet Benetton bereits seit 20 Jahren mit den Vereinten Nationen zusammen. Die Weltorganisation sei ein wichtiger Partner im Kampf für nachhaltige Entwicklung. Die Partnerschaften inspirierten alle Akteure, so die Firmensprecherin, aneinander zu wachsen. IPS/nd

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