nd-aktuell.de / 13.08.2015 / Politik / Seite 14

Leipzigs träumt sich zur Hafenstadt

Am kommenden Wochenende lädt die Messemetropole zum 15. Wasserfest ein

Wolfgang Weiß, Leipzig
Es ist Leipzigs größtes Event unter freiem Himmel: das Wasserfest. Bootsparade und Fischerdorf, Konzerte und Partys, Sportwettkämpfe und das Quietschenten-Rennen - die Stadt zeigt ungewöhnliche Seiten.

Ingolf Neumann, der Standortleiter im Stadthafen Leipzig, versucht die Besucher zu beruhigen: »Mit unseren Kanus kann eigentlich jeder fahren.« An der Anlegestelle und auf dem Kai der kleinen Anlage mit dem großen Namen »Stadthafen« warten die Boote auf Wassersportler und Wasserratten. Wer es sich nicht zutraut, kann auch zwei elektrisch betriebene Flachboote, jeweils für rund 20 Personen zugelassen, nutzen. Orts- und sachkundige Freizeitkapitäne führen die Fahrzeuge den Mühlgraben entlang, der seit sechs Jahren immer wieder entschlammt wird und dessen Brücken manchmal so niedrig sind, dass sich sämtliche Passagiere bis auf die Sitzbänke bücken müssen.

Der Stadthafen Leipzig kann am kommenden Wochenende auch als Ausgangspunkt für die Teilnahme am größten Event der Messestadt unter freiem Himmel genutzt werden, dem Leipziger Wasserfest. Obwohl noch relativ jung - es findet zum 15. Mal statt - hat sich das Fest zu einem Highlight entwickelt, das aus dem Veranstaltungskalender der Stadt nicht mehr wegzudenken ist. Das Wasserfest, so Andreas Schmidt von der Leipziger Tourismus und Marketing GmbH, sei nicht nur ein beliebtes volkstümliches Spektakel, sondern es verkörpere auch die Vision von Leipzig als Wasser- und Hafenstadt, der man Jahr für Jahr ein Stück näher rücke.

Sichtbares Zeichen dafür ist die Übergabe der neuen Gewässerverbindung zwischen dem Karl-Heine-Kanal, auf den die Wasserwanderer vom Mühlgraben her schnell stoßen, und dem Lindenauer Hafen Anfang Juli dieses Jahres. Der Lindenauer Hafen wiederum wäre der Ausgangspunkt für eine Verbindung in Richtung Saale und Elbe, wie sie einst dem Unternehmer Karl Heine vorschwebte. Was in Leipzig, vor allem im Gründerzeit-Industriegebiet von Plagwitz, dem ersten planmäßig entwickelten Industriegebiet Deutschlands, produziert wurde, sollte auch auf dem Wasserweg bis nach Hamburg und von dort aus in die weite Welt transportiert werden. Heine initiierte den Bau des heute nach ihm benannten Kanals, der jedoch nie fertig gestellt wurde.

Die Route der bunten Bootsparade, mit der am 15. August das Wasserfest offiziell eröffnet wird, führt von der Rennbahnbrücke bis zum Stelzenhaus am Karl-Heine-Kanal im Stadtteil Plagwitz. Die Teilnehmer - es sind Boote aller Arten zugelassen - können sich während der Fahrt links und rechts des Kanals ein Bild von dem 90 Hektar großen Flächendenkmal der Industriearchitektur machen, das nach der Wende schon totgesagt worden war. 90 000 Industriearbeitsplätze, vor allem in der Textil- und Metallbranche, wurden damals im Eiltempo vernichtet. Erst Jahre später entdeckten Immobilien-Unternehmen und Kreativ-Künstler das Potenzial, das in diesem von Fabrikruinen und zugewucherten Brachflächen geprägten Areal schlummerte.

Heute kann man vor allem vom Wasser aus die luxuriös sanierten Backsteinbauten und die beeindruckenden Brücken, die die Weiße Elster und den Karl-Heine-Kanal überspannen, bewundern. In den ehemaligen Fabrikgebäuden entstanden Lofts, oft mit einer Deckenhöhe von bis zu sechs Metern, über deren Preise man lieber schweigt. Während des Wasserfestes erwarten die Teilnehmer der Bootsparade immer wieder musikalische und andere Überraschungen an den Ufern und auf den Brücken. Langstrecken-Bootsfahrer können in diesem Jahr erstmals bis zum Lindenauer Hafen schippern.

Hauptstandort des Wasserfestes ist, wie in den vergangenen Jahren auch, der Clara-Zetkin-Park zwischen Rennbahn und Sachsenbrücke. Hier finden die berühmten Wasserfest-Partys statt, die erste schon am Freitagabend. Hier gibt es wieder das traditionelle Fischerdorf und einen Kunst- und Kreativmarkt. Im Musikpavillon treten bekannte Bands auf und auf der Galopprennbahn Scheibenholz öffnet ein Wikingerdorf seine Pforten. Im Stadtteilpark Plagwitz am Karl-Heine-Kanal lockt wieder die Pirateninsel die Besucher an.

Sportwettkämpfe, wie am Sonnabend das Achterrennen im Rahmen der Ruder-Bundesliga, runden das Programm ab. Eine besonders sympathische Veranstaltung ist das Quietschenten-Rennen am Sonntag an der Sachsenbrücke. Gegen eine Spende von drei Euro - der Erlös kommt dem Wiederaufbau der Museumsfeldbahn Leipzig-Lindenau zugute - kann man seine eigene Gummi-Ente ins Rennen schicken. Der Eintritt zu den acht Veranstaltungsorten ist frei - bis auf das Wikingerdorf.

Informationen im Internat unter: www.wasserfest-leipzig.de[1]

Links:

  1. http://www.wasserfest-leipzig.de