nd-aktuell.de / 13.08.2015 / Politik / Seite 20

Ebola-Impfstoff zeigt erstaunliche Wirkungen

Großes Problem ist die Behandlung von Überlebenden mit bleibenden Gesundheitsschäden

Anne Gonschorek, Kapstadt
Endlich haben Wissenschaftler einen Impfstoff für Ebola gefunden, der schon nach zehn Tagen eine erstaunliche Schutzwirkung zeigt. Bekannt ist er seit zehn Jahren.

Der Durchbruch ist dringend erwartet worden. »Wir glauben, dass die Welt kurz vor einem wirksamen Ebolaimpfstoff steht«, kündigte die Impfstoffexpertin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Marie Paule Kieny, vor der Presse in Genf an. Eben dieser neu gefundene Impfstoff könnte nun dafür genutzt werden, den schlimmsten Ebolaausbruch in der Menschheitsgeschichte zu beenden.

Die Krise in Westafrika hat in den letzten 20 Monaten mehr als 11 000 Menschen das Leben gekostet. WHO-Generaldirektorin Margaret Chan bestätigte, dass die Studienergebnisse »die Handhabung des derzeitigen Ebolaausbruches und zukünftiger Ausbrüche« verändern würde.

Trotz der hoffnungsvollen Stimmung weisen allerdings Experten auf den Wermutstropfen inmitten dieser guten Neuigkeiten hin: Wissenschaftler hatten den Impfstoff bereits vor zehn Jahren erfolgreich an Affen getestet, doch er geriet in Vergessenheit. Das heißt, dass es bereits vor zwei bis drei Jahren ein wirksames Mittel gegen den Ebolavirus hätte geben können oder sogar müssen. Allerdings wurden experimentelle Ebolaimpfstoffe erst wieder in Testreihen aufgenommen, nachdem die Krise in den westafrikanischen Ländern außer Kontrolle geriet. Als endlich positive Ergebnisse vorgewiesen wurden, flaute der Ausbruch schon wieder ab.

Dabei liegt das Problem im System der modernen Medizin selbst. Um einen Impfstoff herzustellen, testen Wissenschaftler zunächst experimentelle Wirkstoffe an Zellen und Tieren. Die Versuche allein kosten um die 25 Millionen Dollar. Um Dosierung und Nebenwirkungen bestimmen zu können, müssen zusätzlich Hunderte von Millionen aufgebracht werden. Erst dann schreiten große Pharmakonzerne ein, um den Impfstoff weiter zu entwickeln und das auch nur, wenn er große Gewinne verspricht.

Allerdings hat Westafrika noch ein ganz anderes Problem: Mehr als 13 000 Menschen überlebten den Virus und leiden unter bleibenden Gesundheitsschäden, darunter Gelenkschmerzen, psychologischen Problemen wie Depressionen und posttraumatischem Stresssyndrom. »Die Welt hat noch nie eine so hohe Anzahl an Überlebenden nach einem Ebolaausbruch gehabt«, sagt Anders Nordstrom, ein WHO-Sprecher in Sierra Leone.

»Ich wurde letzten Oktober von Ebola geheilt, aber leide seitdem unter extremen Gelenkschmerzen«, erzählt der 45-jährige Kebeh Jomah aus Monrovia dem humanitären Netzwerk IRIN. »Manchmal ist es so schlimm, dass ich nicht einmal laufen kann.« Etwa ein Viertel aller Erkrankten leidet unter dem Verlust ihres Sehvermögens oder sogar kompletter Blindheit.

Nun gilt es aber auch, das Schicksal der gesammelten Blutproben der Ebolapatienten zu bestimmen. Experten schätzen, dass über die Vereinigten Staaten, Europa und Kanada verteilt, Zehntausende gefrorene Proben in Laboratorien lagern. Viele Wissenschaftler würden diese Blutproben für Studien der Krankheit und für Behandlungsmöglichkeiten gern behalten.