»Bei Rot hier halten«: Das Nichtbeachten nicht strafbar

Verkehrsrecht

  • Lesedauer: 3 Min.
Im Abstand von einigen Metern vor manch einer Ampelkreuzung gibt es eine vorgezogene Haltelinie sowie ein Schild mit dem Hinweis »Bei Rot hier halten«. Was passiert, wenn ein Autofahrer sich nicht an diesen Verkehrshinweis hält?

Nach Informationen des Automobilclub Kraftfahrer-Schutz (KS) ist das Nichtbeachten des Zusatzzeichens in Verbindung mit der markierten Haltelinie allerdings keine Ordnungswidrigkeit und hat auch nichts mit einem Rotlichtverstoß zu tun.

Es handelt sich vielmehr um ein Richtzeichen, das der Erleichterung des Verkehrsflusses dient und deshalb lediglich als Empfehlung gilt.

Experten weisen jedoch darauf hin, dass das Missachten der vorgezogenen Haltelinie dann verkehrsrechtlich als Behinderung gelten könnte, wenn dadurch das Einfahren des Querverkehrs unnötig erschwert oder sogar verhindert werden sollte. So könnte ein Autofahrer wegen Außerachtlassens der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfaltspflicht im äußersten Fall mit 20 Euro verwarnt werden.

Kommt es allerdings zu einem Unfall, weil ein anderer beispielsweise aus einer Grundstücksausfahrt zwischen der vorgezogenen Haltelinie und der eigentlichen Ampelkreuzung in die Straße einfährt, kann dem Autofahrer eine gewisse Mitschuld angerechnet werden. KS/nd

Wenn Bremsspuren als Unfallbeweis fehlen

Die häufig in Fahrzeugen eingebauten Antiblockiersysteme oder Blockierverhinderer führen dazu, dass es beim Unfall häufig keine Bremsspuren mehr gibt. Anhaltspunkte auf die Geschwindigkeit oder eine Vollbremsung sind damit auch Mangelware.

Das Gericht muss in einem solchen Fall ohne diese Beweise nicht unbedingt einen Sachverständigen beauftragen. Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und stützt sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgericht Naumburg vom 10. Januar 2014 (Az. 10 U 11/13).

In einem Kreuzungsbereich war es zu einem Unfall zwischen zwei Fahrzeugen gekommen. Die Fahrerin des einen Wagens klagte. Sie meinte, ihr Unfallgegner habe ihr die Vorfahrt genommen. Bremsspuren gab es am Unfallort nicht, da das Fahrzeug des beklagten Fahrers mit ABS ausgestattet war. Als Beweis konnte jedoch die Lage der Glasscherben beider Fahrzeuge herangezogen werden. Danach ergab sich, dass die Autofahrerin wohl die Kurve geschnitten hatte.

Das Gericht in erster Instanz holte kein Gutachten ein, da es keine weiteren Beweismittel gab. Zu Recht, entschieden die Richter in zweiter Instanz. Die Scherbenlage habe als Beweis für den Hergang des Unfalles dienen können. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei nicht notwendig. Es habe an Anknüpfungspunkten wie etwa Bremsspuren gefehlt.

Nach Lage der Scherben habe sich der Unfall nicht bereits im Kreuzungsbereich ereignet. Dem beklagten Fahrer habe man daher nicht vorwerfen können, die Vorfahrt missachtet zu haben. Vielmehr habe seine Unfallgegnerin die Kurve geschnitten und sei somit allein verantwortlich für den Verkehrsunfall. DAV/nd

Tempolimit bei Nässe - aber was ist nass?

Wer sich auf einer feuchten Straße nicht an ein an Nässe geknüpftes Tempolimit hält, ist nicht unbedingt ein Verkehrssünder.

Warum das so ist und wann ein Tempolimit bei Nässe gilt, erklärt Rechtsanwalt Swen Walentowski von der Deutschen Anwaltauskunft: »Als nass gilt eine Fahrbahn erst, wenn sich ein durchgehender Wasserfilm gebildet hat. Ein durchgehender Wasserfilm ist zum Beispiel daran zu erkennen, dass die Räder der Autos eine Gicht aufspritzen lassen. Ein Tempolimit bei Nässe ist nicht daran gebunden, dass es regnet. Umgekehrt gilt das Gebot nicht, nur weil die ersten Tropfen fallen.«

Allerdings: Der Abwägungsprozess fällt vielen Autofahrern schwer. Daher raten Fahrsicherheitsexperten bei jeder erkennbaren Nässe zur Vorsicht.

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