Deutschland nix Geld!

Andreas Koristka über die Vorzüge eines Gutscheinsystems für Politiker und über falsche Sentimentalität

Es ist voll wie lange nicht mehr in Deutschland. In Berlin, Frankfurt am Main und Bötzow-Ausbau ächzen die Menschen unter den Menschenmassen. Nicht nur Autobahnen, Fußgängerzonen und die Poren der Adoleszenten sind verstopft, sondern vor allem die Flüchtlingsheime sind zum Bersten - und darüber hinaus - gefüllt. In der Hauptstadt des Exportweltmeisters der Herzen müssen Asylsuchende bereits in den Parkanlagen kampieren. All das, weil sich wirklich kein kleinstes Fitzelchen an Platz auftut. Sogar die Regionalbahntoiletten sind schon besetzt - und zwar von Afrikanern!

Der Innenminister Thomas de Maizière versucht verzweifelt, Herr der Lage zu werden. In einer Demokratie ist genau das aber manchmal schwierig. In China, wo sie ganze Städte aus dem Boden stampfen, wäre es sicherlich ein Leichtes, 400 000 Asylbewerber unterzubringen. Notfalls in einem Loch, das sie extra dafür sprengen lassen würden. Aber in einer demokratischen sozialen Marktwirtschaft auf dem Fußboden des Grundgesetzes, wie wir sie in Deutschland haben, ist das nun mal nicht möglich. Wie soll man so schnell Unterkünfte errichten, die den hohen Brandschutzbestimmungen genügen? Wie kann man sicherstellen, dass bei einer Errichtung von Containerdörfern nicht Zauneidechse, Juchtenkäfer und die NPD-Ortsgruppe schaden nehmen?

Thomas de Maizière steht vor unlösbaren Problemen. Dass Deutschland von jetzt auf gleich ein riesiges Lagersystem errichtet, ist jedenfalls undenkbar. Die einzige Chance, die der Innenminister noch hat, ist, dass die Flüchtlingsströme versiegen. Darauf kann der arme Mann nur hoffen. Das heißt, ein bisschen nachhelfen kann er natürlich auch. Wenigstens das viele Geld, das Asylbewerber in Deutschland erhalten, kann de Maizière durch Gutscheine ersetzen. Man kennt das Prinzip von Geburtstagen und es wirkt genauso abschreckend - nur dass es hier nicht um eine Übernachtung in Templin mit Thermenbesuch und anschließendem Schnitzelessen geht, sondern um ein paar Lebensmittelmarken für Aldi.

Man mag sich die verdutzten Gesichter der Syrer vorstellen, die von diesen Plänen auf ihrem Schlauchboot im Mittelmeer erfahren. Deutschland nix Geld! Deutschland Gutschein! Großes Scheißendreck! Sie werden auf der Stelle umdrehen, und wieder zurück nach Syrien rudern, wo sie vom IS immer noch besser behandelt werden als von jedem CDU-Minister. De Maizières Plan wäre aufgegangen wie die Leber eines Stammtischbesuchers.

Doch könnte unser schönes Deutschland nicht auch an anderer Stelle von einem Gutscheinsystem profitieren? Wäre es nicht sogar effizient, würde man die Gehälter von männlichen Ministern in Essensgutscheinen auszahlen, damit sie ihr Geld nicht für überteuerte Designer-Hornbrillen ausgeben? Derzeit werden jedenfalls die falschen Anreize gesetzt. Thomas de Maizière zum Beispiel würde in der freien Wirtschaft für die fröhliche Xenophobie, die er zum besten gibt, keinen einzigen Cent verdienen. Als Minister dagegen bekommt er monatlich über 14 000 Euro. Das kann sich unser Land auf Dauer leider nicht leisten! Im Vergleich zu Tschad, wo ein Innenminister gerade einmal 150 Euro verdient und nebenher ein paar kleinere Annehmlichkeiten wie das Recht auf die erste Nacht jeder Jungfrau besitzt, wirkt die deutsche Summe geradezu utopisch!

Kein Wunder also, dass es so viele Politiker ausgerechnet zu uns verschlägt. Da wird man auf kurz oder lang gegensteuern müssen. Deutschland kann nicht alle von ihnen dauerhaft aufnehmen. So etwas kann sich nicht einmal eine so große und prächtige Nation wie wir leisten. Auch wenn wir Deutschen es natürlich gerne würden. Wenn uns große runde Politikeraugen ansehen, dann werden selbstverständlich auch wir manchmal etwas schwach. Das ist menschlich. Aber eben auch grundverkehrt. Wir sind nicht das Sozialamt der Welt!

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal