Heroische Liebespaare

Amanda Vaill erzählt Geschichten aus dem Spanischen Bürgerkrieg

  • Harald Loch
  • Lesedauer: 3 Min.

Drei Liebespaare führen durch die Geschichte über »Wahrheit, Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg«. So reizvoll es wäre, eine solche anhand von Menschen »aus dem Volk« zu erzählen - Amanda Vaill entschied sich für die Prominenz. Das eine Paar in ihrem zwischen Frontberichterstattung und Promiklatsch changierenden Buch sind Ernest Hemingway und seine Geliebte und zweite Frau Martha Gellhorn. Der Schriftsteller Arturo Barea und Ilsa Kulcsar aus einer österreichisch-jüdischen Familie bilden das zweite Duo - unbestechliche Sozialisten, die der Wahrheit und nicht der schöngefärbten Wunschwelt zu internationaler Verbreitung verhelfen wollten. Ihre heroischen Skrupel stärken sie gegen die Allmacht der Ideologien. Der Kriegsfotograf Robert Capa schließlich und seine polnisch-stämmige, in Stuttgart geborene Kollegin Gerda Taro stellen das dritte Paar. Hemingway und Barea mussten sich erst scheiden lassen, um ihre jeweilige Geliebte heiraten zu können, Capa und Taro konnten nicht mehr heiraten, weil Gerda von einem Panzer zermalmt wurde.

Fünf Karten und eine Chronologie unterstützen die historische und geografische Einordnung des Erzählten. Manchmal läuft die Front direkt durch die Seiten des Buches. Das titelgebende Hotel »Florida« in Madrid beherbergte alle Prominenten und gibt - wenn sich Pulverrauch verzogen hat - die Kulisse für die Geschichte ab. Da finden in den Gefechtspausen unglaubliche Feste statt, freilich nur mit kümmerlicher kulinarischer Ausstattung. Sodann begleitet die Autorin ihre Heldenpaare wieder an die Front. Sie begegnen nicht nur André Malraux und Gustav Regler, sondern fast allen namhaften, damals in Spanien kämpfenden Linksintellektuellen. Nicht immer geht das gut, wie am Beispiel der sich zu heftiger Abneigung steigernden Kontroverse der ehemaligen Freunde Hemingway und Das Passos nachgezeichnet wird.

Die Autorin schreibt im Stil eines Fortsetzungsromans und lässt am Ende eines jeden Kapitel geschickt die Spannung steigen. Die Protagonisten weichen immer wieder in die »Etappe« zurück, nach Paris, nach Florida oder New York, manche Szene spielt auch in Moskau. Dort wird im Dezember 1937 der französische Journalist Georges Luciani zum sowjetischen Außenminister »einbestellt«, der ihm eine diskrete Mitteilung für den französischen Botschafter übergeben will: Die Sowjetunion könne die lasche französische Haltung gegenüber Nazideutschland sowie im Spanischen Bürgerkrieg nicht hinnehmen. Der oberste Sowjetdiplomat deutet an, dass man in Moskau auch andere Koalitionen für möglich halte. Auf die entsetzte Frage des Journalisten: »Etwa mit Deutschland?« habe jener geantwortet, »dass Hitler 1931 den alten deutsch-sowjetischen Nicht-Angriffs-Pakt von 1926 erneuert habe, in dem sich Hitler und Stalin verpflichtet hatten, dem jeweils anderen zu Hilfe zu kommen«. Der Leser reibt sich die Augen. Ist der Autorin entgangen, dass Hitler erst 1933 an die Macht gekommen ist? Oder handelt es sich um einen Übersetzungsfehler?

Wie auch immer. Wer an den exakten geschichtlichen Zusammenhängen interessiert ist, sei jedenfalls auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen.

Amanda Vaill: Hotel Florida. Wahrheit, Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg. A. d. Amerik. v. Susanne Held. Klett-Cotta, Stuttgart 2015. 512 S., geb., 24,95 €.

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