nd-aktuell.de / 21.08.2015 / Kultur / Seite 15

Keine Deutschlehrer

Frittenbude stellt ihr neues Album »Küken des Orion« vor

Thomas Blum
Man kann nicht behaupten, dass sich musikalisch in den letzten Jahren viel getan hätte bei Frittenbude. Warum auch. Das partyfreundliche Synthesizer- und Drumcomputergeboller reicht ja zur Untermalung der politischen Botschaften

Man kann nicht behaupten, dass sich musikalisch in den letzten Jahren viel getan hätte bei Frittenbude. Warum auch. Das partyfreundliche Synthesizer- und Drumcomputergeboller und -gebrumme, das man kultiviert hat, reicht ja zur Untermalung der politischen Botschaften, die die Band hat, vollkommen aus.

Was das neue Album »Küken des Orion« angeht, hat man sich nun Mühe gegeben, die Verse zu verrätseln und sie teils mit einer Art bothostraußhaften Bedeutungshuberei aufzublähen, was dazu führt, dass sie meist zwischen Beliebigkeit und Besinnungsstuss hin- und herpendeln: »Diese Straße sie führt dich irgendwohin / Vielleicht führt sie dich aber auch nirgendwohin / Aber nirgendwo muss ja auch irgendwo sein / Und irgendwann findet jeder mal heim.« Hm. Vielleicht hat man ja auch einfach nur hingeschrieben, was einem so nach ein paar Bieren durch den schon etwas abgedunkelten Kopf gekullert ist. Naja, wer braucht schon Texte, wenn es gehörig rumpumpelt und Pengpeng macht in der Beatmaschine.

Für Sprache interessieren sich die drei lustigen Elektro-Wizards von der Band Frittenbude offenbar grundsätzlich nicht sonderlich. Das Textbooklet wimmelt derart von Fehlern, dass einen das kalte Grausen erfasst. »Dronen« steht da etwa statt »Drohnen«, »meisten« statt »meistens« oder »find an« statt »fing an«. Die Zeichensetzung hat man, scheint’s, der Einfachheit halber gleich ganz weggelassen. Naja, egal. Vielleicht fängt eine freiere Gesellschaft ja mit der Befreiung von der Zeichensetzung an. Wer weiß.

Andererseits: Man erwartet ja von Deutschlehrern auch nicht, dass sie moderne Tanzmusik machen können. Dafür produzieren Frittenbude weiter eine zuverlässig vor sich hindonnernde Hops- und Partymusik, die sie mit jenen Botschaften verknüpfen, die das rundum gute Hamburger Elektropunk-Label Audiolith zu einer Institution gemacht haben. Ungezügelte Lebensfreude meets linke politische Haltung: Unbegrenzte Freizeit für alle bei vollem Lohnausgleich, gegen Homophobie, Antisemitismus und die Ausbeutung des Menschen, Flüchtlinge willkommen, Raven gegen Deutschland.

Wie singen die Drei? »Wir sind nicht immer dagegen, aber selten dafür.« Das ist nicht die schlechteste Herangehensweise. Ach ja, bevor wir’s vergessen: »Zusätzlicher Gesang auf ›Michael Jackson hatte recht‹ vom integrativen Kinderchor ›Die Löwenkinder‹«. Und auch Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow singt mit: »Weißt du noch wie es war / Wir waren in Gefahr / Was am Ende bleibt / Das zeigt uns die Zeit.« Hört sich verdächtig nach einem dieser süßlich-weihevoll Mysteriöses daherraunenden Lowtzow-Gedichte an, die schon bei Tocotronic so nerven.

Nein, ehrlich jetzt: ein sehr gutes Album.

Frittenbude: Küken des Orion (Audiolith)