nd-aktuell.de / 26.08.2015 / Politik / Seite 7

Polens Linke vor dem politischen Aus

Streit mit Ex-Premier Miller verringert Wahlchancen

Julian Bartosz, Wroclaw
Die »Linke« in Polen ist in einem beklagenswerten Zustand. Theoretisch soll sie über ein Wählerpotenzial von 15 bis 20 Prozent verfügen. Faktisch scheint sie vor dem politischen Aus zu stehen.

Nachdem vor 26 Jahren die bürgerliche Ordnung über das Land zwischen Oder und Bug kam und 1991 die bisher »führende Kraft« auf dem letzten Parteitag der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei ihre Fahne aus dem Kongressaal des Warschauer Kulturpalasts hinaustragen ließ, organisierten sich links orientierte Menschen in der »Sozialdemokratie der Polnischen Republik«. Sie umfasste 30 verschiedene Organisationen und Verbände, auch eine wieder entstandene Polnische Kommunistische Partei.

Bald wurde sie aber bei einer »Umorganisierung« der Sozialdemokraten in ein »Bündnis Demokratische Linke« (SLD) hinausgedrängt. Dieses erstarkte, zwei Mal war es an der Macht, 2001 sogar nahe der »Allenherrschaft«. Programmatische Fehler und eine neoliberale Politik ließen das Bündnis aber in den Keller abstürzen. Und da sitzt man mit dem autoritär agierenden 69-jährigen Leszek Miller noch immer.

Um diesem Schicksal zu entgehen, ergriff die OPZZ-Gewerkschaft nach dem 2,6-Prozent-Desaster bei der Präsidentenwahl im Mai die Initiative, um alle sich als links verstehende Strukturen zusammenzutrommeln. Die Idee einer Sammlung, wie 1990, war nicht schlecht. Doch der Ruf verhallte im Zank um die Person Millers, der seine »Mission« in der Linken nicht aufgeben will. Sein Bündnis suchte aus Furcht vorm Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde eine Koalition, eine »Vereinigte Linke«, die für den Einzug in den Sejm allerdings acht Prozent der Stimmen braucht.

Nun gibt es sogar zwei davon: eine mit Miller (SLD), Resten der Palikot-Bewegung, der nur noch schemenhaft vorhandenen Union der Arbeit und einigen versprengten »Grünen«. Und eine zweite ohne den unerwünschten SLD-Mann, doch reichen bei deren Zusammenkünften wenige Klappstühle. Zumindest hat sich diese »Vereinigte Linke« als erste bei der Staatlichen Wahlkommission registrieren lassen; inzwischen ist die SLD-geführte gefolgt.

Jetzt wird hier wie da darüber gestritten, wer bei den Sejmwahlen am 25. Oktober als Nr. 1 antreten soll. Auch für die Zweite Kammer werden Kandidaten aufgestellt. Ein absolut hoffnungsloses Unterfangen, weil bei der Senatswahl praktisch das Mehrheitsprinzip gilt. Doch auch die Perspektive für den Sejm ist momentan nicht mehr als eine Fata Morgana. Und auf ein Wunder kann man angesichts fehlenden Wählerinteresses kaum hoffen.