Baurecht soll Spekulanten stoppen

Senat will das Dragoner-Areal in Kreuzberg zum Sanierungsgebiet machen

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Durch das Einrichten eines Sanierungsgebietes will der Senat Einfluss auf die Entwicklung nehmen und den Investor ausbremsen.

Der Senat startet einen neuen Versuch, um das Kreuzberger Dragoner-Areal vor einer Luxussanierung zu bewahren. Er will den Bereich zwischen Mehringdamm, Yorckstraße und Großbeerenstraße zum Sanierungsgebiet erklären und beschloss dafür am Dienstag, die »vorbereitende Untersuchung« einzuleiten. »Wegen des Wachstums der Stadt haben sich die Rahmenbedingungen für die Entwicklung dieses besonderen innerstädtischen Areals in den letzten Jahren deutlich verändert. Die Entwicklung von sozial, kulturell und wirtschaftlich integrierten Standorten für den Wohnungsbau und die Förderung von bezahlbarem Wohnraum hat eine sehr hohe wohnungspolitische Bedeutung«, erklärte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD).

Damit geht der Streit zwischen Berlin und dem Bund, dem das Dragoner-Areal gehört, in eine neue Runde. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) möchte es zum Höchstpreis von 36 Millionen Euro an einen Investor aus Wien verkaufen. Wird das Gebiet als Sanierungsgebiet ausgewiesen, könnte der Deal platzen oder zumindest könnten die Pläne der Investoren vereitelt werden. Der hohe Kaufpreis deutet darauf hin, dass sie es zu einem Luxusquartier umgestalten wollen. Nachdem die Bima bereits den Kaufvertrag mit der Wiener Dragonerhöfe GmbH abgeschlossen und der Bundestag zugestimmt hat, muss nur noch der Bundesrat grünes Licht geben. Doch in der Länderkammer konnte Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) das Geschäft bereits zwei Mal stoppen. Am 10. September steht es dort erneut auf der Tagesordnung.

Falls der Deal dann durchgehen sollte, ist die Ausweisung als Sanierungsgebiet eine weitere Chance, um »im Herzen Kreuzbergs beispielhaft Wohnen und Arbeiten mit sozialer und ökologischer Verantwortung zukunftsorientiert zu realisieren«, so Geisel. Zum Beispiel gibt es dann ein Spekulationsverbot, die Flächen dürfen nicht mehr zu überteuerten Preisen verkauft werden, die Kommune hätte ein Vorkaufsrecht. Für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bestünde doch noch die Möglichkeit, Flächen auf dem Areal zu erwerben und dort preisgünstige Wohnungen zu bauen. Mit ihren Offerten von bis zu 20 Millionen Euro waren sie bei der Bima abgeblitzt, die nur an den Meistbietenden verkaufen wollte.

Die Grünen begrüßten den Senatsbeschluss. Doch der Senat sei viel zu spät aufgewacht, noch im April habe er die Einrichtung eines Sanierungsgebietes abgelehnt, kritisierte die wohnungspolitische Sprecherin der Abgeordnetenhausfraktion, Katrin Schmidberger, und die Bundestagsabgeordnete Lisa Paus. Die Kuh sei noch lange nicht vom Eis, so Schmidberger. Der Senat habe zwar eine Drohkulisse aufgebaut, die aber bis zur Ausweisung des Sanierungsgebietes ohne rechtliche Wirkung bleibe. Das soll erst im zweiten Halbjahr 2016 geschehen. »Wenn der Senat es ernst meint mit der Rettung des Areals, muss er das Verfahren beschleunigen. So was geht auch in drei bis vier Monaten«, sagte Schmidberger. Unklar sei auch, ob der Senat ein »einfaches« oder »umfassendes« Sanierungsverfahren einleitet. Nur bei einem umfassenden Verfahren bestünde auch ein Ankaufsrecht für die Kommunen.

Die Initiative »Stadt von unten«, die sich schon lange für eine sozialverträgliche Entwicklung des Gebietes einsetzt, wertet den Senatsbeschluss als deutliches Signal an den Investor. »Der Kaufanwärter sollte einsehen, dass ihm eine soziale Entwicklung des Gebietes nicht zugetraut wird und deshalb sein Kaufangebot zurückziehen.« Doch danach sieht es bisher nicht aus. »Wir stehen zu unserer Absicht, das Areal zu erwerben und es zu einem lebendigen Gebiet zu entwickeln«, sagte Armin Huttenlocher von der Dragonerhöfe GmbH.

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