Werkverträge fördern Lohndumping

IG Metall plant Aktionen vor zahlreichen Standorten

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
69 Prozent aller Betriebe kaufen Beschäftigte mittels Werkverträgen ein. Sie drücken damit die Löhne und schwächen die Mitbestimmung.

Immer öfter setzen Unternehmen Werkverträge ein, um Löhne zu drücken. »Sie schaffen mit dieser Art der prekären Beschäftigung betriebsratsfreie und tariflose Zonen in relevanten Bereichen der Wertschöpfung.« Dieses Fazit zog Jörg Hofmann, Zweiter Vorsitzender der IG Metall am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung einer bundesweiten Betriebsrätebefragung seiner Gewerkschaft zum Einsatz von Werkverträgen.

Mehr als zwei Drittel der Betriebe (69 Prozent) kaufen der Umfrage zufolge inzwischen Leistungen bei anderen Firmen ein. In fast drei Viertel aller Fälle müssen die Beschäftigten der Werkvertragsfirmen zu schlechteren Bedingungen arbeiten als ihre fest angestellten Kollegen. In der Metall- und Elektroindustrie sind vor allem die Bereiche Kontraktlogistik, industrielle Dienstleistungen wie Wartung oder Instandhaltung sowie Entwicklungsdienstleister betroffen. Außerhalb der Branche gibt es besonders viele Werkverträge im Baugewerbe und Handel, in der Fleischindustrie sowie bei Logistikdienstleistern.

Die Ergebnisse der Befragung, an der sich rund 4000 Betriebsratsvorsitzende aus Metallbetrieben beteiligten, zeigen außerdem, dass seit 2012 Werkverträge in immer mehr Unternehmen Stammarbeitsplätze ersetzen. Betriebsräte verzeichneten in den vergangenen drei Jahren in fast einem Viertel der Unternehmen (22 Prozent) eine Zunahme von Werkverträgen, der Anteil stieg von fünf auf 13 Prozent. »Die Zahlen belegen: Werkverträge werden in den Unternehmen zum neuen Standard«, sagte Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. »Sie untergraben damit die bisherigen tariflichen Regeln.« Denn in den Einsatzbetrieben gelang es Arbeitnehmervertretern nur in fünf Prozent der Unternehmen, den Umgang mit Werkverträgen in Betriebsvereinbarungen zu regeln. In den Werkvertragsfirmen sei es der Gewerkschaft zwar oftmals gelungen, bessere Bedingungen durchzusetzen, es fehle aber an einem angemessenen gesetzlichen Rahmen, kritisierte Benner.

Die Gewerkschaft kritisiert jedoch das Konstrukt Werkverträge nicht grundsätzlich, Hofmann sprach von einem »Missbrauch« durch die Unternehmen, der »alleine auf Lohndumping baut, um Extraprofite einzustreichen«. Die IG Metall forderte die Bundesregierung deshalb auf, gesetzliche Regelungen einzuführen: bessere Informationspflichten, mehr Mitwirkungsrechte der Betriebsräte in den Einsatzbetrieben sowie die Pflicht, Betriebsräte über eingesetzte Werkvertragsnehmer und deren Arbeitsbedingungen zu informieren. Zudem brauche es die konkrete Mitbestimmung der Betriebsräte bei Outsourcing, sagte Hofmann. Um Druck auf die Arbeitgeber auszuüben, plant die Gewerkschaft Ende September Aktionen.

Eine »deutliche Erweiterung der Mitbestimmungsrechte« ist auch für die gewerkschaftspolitische Sprecherin der LINKEN-Bundestagsfraktion, Jutta Krellmann, der richtige Weg, um »den Missbrauch von Werkverträgen zu stoppen«. Sie kritisierte die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung als »Symbolpolitik«, denn: »Information ist keine Mitbestimmung«. Krellmann forderte ein Vetorecht für Betriebsräte, wenn Werkverträge zu Nachteilen für die Beschäftigten führten. Zudem sei eine Beweislastumkehr notwendig, so dass immer der Betrieb nachweisen müsse, dass es sich um einen Werkvertrag handelt und nicht um Leiharbeit.

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) als PR-Organisation der Metallarbeitgeber reagierte auf die Umfrage mit Kritik an der Gewerkschaft, die »das Erfolgsmodell Werkvertrag plötzlich in die Schmuddelecke« stelle, so INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr. Das Gegenteil sei der Fall, Unternehmen schafften damit die »Grundlage für breiten Wohlstand«.

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