nd-aktuell.de / 09.09.2015 / Kultur / Seite 15

Nachgefragt wie noch nie

Mediendienst Integration

Ralf Hutter

Es ist inmitten der aktuellen großen Debatte um Flüchtlinge gerade als Journalist gut, schnell parat zu haben, aus welchen Ländern diese Menschen derzeit vor allem kommen und was es für Informationsquellen zu den dortigen Zuständen gibt. Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, welche Zahlen es zu den im Mittelmeer gestorbenen Flüchtlingen gibt und welche Perspektiven die dortigen Fluchtrouten haben. Auch eine Zusammenfassung der Positionen, die es im Bundestag zu einem Einwanderungsgesetz gibt sowie Einschätzungen von Fachleuten dazu und sogar ein Vorschlag, wie Asylverfahren beschleunigt werden können, sind hilfreich.

Dieses Wissen flog mir in den letzten Monaten zu, weil ich die gelegentlichen Pressemitteilungen des Mediendienstes Integration erhalte. Weitaus mehr Informationen verschickt die in Berlin ansässige Redaktion in ihrem wöchentlichen Rundbrief. Dort geht es vor allem um Termine im Themenbereich zwischen Flucht und multikulturellem Zusammenleben, etwa Konferenzen, Landtagssitzungen, EU-Ministertreffen und zivilgesellschaftliche Abendveranstaltungen. Auch aktuelle Zahlen und Beschlüsse werden erwähnt. In seinem Internetauftritt gibt es nicht nur Statistiken und Studien, sondern auch »begleitende Recherchen (Fakten-Checks) zur aktuellen Berichterstattung in den Medien, Hintergrundberichte und Artikel zu Themen, die medial untergegangen sind«.

Die vierköpfige Redaktion des Mediendienstes Integration wird von der Bundesregierung und sieben Stiftungen finanziert. Für bundesweite Veranstaltungen gibt es mittlerweile eine EU-Förderung. Die Idee zum Projekt entstand 2011 in der Arbeitsgruppe »Medien und Integration« des »Nationalen Integrationsgipfels« der Bundesregierung. 2012 nahm die Redaktion die Arbeit auf. Getragen wird der Mediendienst vom Rat für Migration e.V., einem bundesweiten Zusammenschluss von über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

»Alle Redaktionsmitglieder haben journalistische Erfahrung«, sagt Rana Göroglu. Sie hat zusammen mit ihrer Chefredakteurin Ferda Ataman den Mediendienst aufgebaut. »Wir hatten uns vorher beide schon mit dem Thema ›Medien und Migration‹ beschäftigt«, fügt die 40-Jährige hinzu. Die aktuelle Flüchtlingsdebatte habe die Nachfrage stark ansteigen lassen: »Wir haben dieses Jahr schon mehr Anfragen erhalten als im gesamten letzten Jahr«, sagt die Journalistin.

Das Konzept ist also aufgegangen. Die Finanzierung des Mediendienstes entspricht dem noch nicht. »Unsere am längsten laufende Förderung ist die von der EU, und die ist für drei Jahre«, sagt Rana Göroglu. »Die Geldakquise kostet uns immer wieder viel Zeit und Energie, die wir eigentlich für den normalen Service brauchen würden.« Die nur gelegentlich von außen mit Texten oder Recherchen belieferte Redaktion arbeite gerade in letzter Zeit am Anschlag.

Der Rat für Migration ist sehr zufrieden mit dem Mediendienst Integration als Korrektiv im medialen Diskurs. Die Soziologin Naika Foroutan betont: »Wir haben in den letzten Jahren - nicht zuletzt im Zuge der Sarrazin-Debatte - festgestellt, dass unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Islam und Muslimen, Migration und Flucht nicht gegen das Bauchgefühl der Menschen ankamen.« Der Mediendienst mache solche Erkenntnisse einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich.