nd-aktuell.de / 12.09.2015 / Berlin

Berlin auf Arabisch

Initiative und Verkehrsbetriebe erstellen Infoblatt zu Anlaufstellen und ÖPNV-Netz

Florian Brand
Bis zu 600 Asylsuchende kommen derzeit täglich in Berlin an. Unterstützung wird in allen Bezirken oft von Freiwilligen geleistet.

Unterstützung für Geflüchtete wird auf vielen Ebenen organisiert. Seit Freitag nun gibt es den Netzplan der Bahnen und Busse auf Arabisch und Englisch. Zusammen mit der ehrenamtlichen Initiative »Moabit hilft« haben die Berliner Verkehrsbetriebe binnen einer Woche ein entsprechendes Faltblatt erstellt. Die erste Auflage von 5000 Exemplaren sollte von Freitag an die Helfer am Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) ausgeliefert werden. Dort müssen sich die Flüchtlinge registrierten lassen. In dem Plan sind die wichtigsten Anlaufstellen für Flüchtlinge markiert. Außerdem wurden Bahnhofsnamen zum Teil phonetisch ins Arabische übersetzt - damit auch Flüchtlinge, die keine lateinischen Buchstaben lesen können, sich orientieren können.

Mit dem Ziel, die angespannte Situation in der Unterbringung von Flüchtlingen zu verbessern, hatten am Donnerstag rund 50 Aktivisten das ehemalige Gebäude der Technischen Universität in der Englischen Straße 20 in Charlottenburg besetzt. Sie wollten mit der Aktion auch auf die Zustände vor dem LAGeSo aufmerksam machen. Der Eigentümer, ein irischer Investor, stellte Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und veranlasste die Polizei, das Haus zu räumen.

Dabei sind Schlafplätze noch immer bitter nötig, gerade im Angesicht des anrückenden Herbstes. Zwischen 100 und 150 Asylsuchende werden nach Angaben der Aktivisten jeden Abend in die Nacht entlassen, ohne ein festes Dach über dem Kopf zu haben. Der Senat hatte lange versichert, man wolle keine Geflüchteten in Turnhallen und Zeltstädten unterbringen. Ohne Container geht es schon lange nicht mehr. Zelte stehen, wie im Innenhof der Schmidt-Knobelsdorf Kaserne, in der rund 700 Geflüchtete untergebracht werden. Wegen der stetig steigenden Zahlen der Menschen, die beispielsweise über Ungarn nach Berlin kommen, müssen nun auch wieder Turnhallen umfunktioniert werden.

In der vergangenen Woche hatte die Senatsverwaltung für Bildung eine Liste mit möglichen Turn- und Sporthallen an das LAGeSo überreicht, die nun akribisch abgearbeitet würde, sagte Pressesprecherin des Amtes Silvia Kostner am Freitag dem »nd«. Hinzu käme, dass es derzeit fragwürdig sei, ob die Hangars am Tempelhofer Feld als Unterkunft genutzt werden könnten, da es dort nicht ausreichende Sanitäranlagen gebe und die Halle zudem undicht sei.

Noch immer kommen täglich zwischen 450 und 600 Neuankömmlinge zum LAGeSo, um sich in Berlin zu registrieren. Am vergangenen Wochenende waren es sogar 4000, die aus München in die Hauptstadt kamen. Diese wurden aber umgehend in unterschiedliche Notlager gebracht und dort von den mobilen Registrierungsteams versorgt.

Zwar hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) Anfang dieser Woche Maßnahmen angekündigt, die die Unterbringung und Versorgung der Menschen beschleunigen sollen, allerdings wird der geplante Bezug des ehemaligen Gebäudes der Landesbank in der Bundesallee voraussichtlich erst im Laufe der kommenden Woche, wenn nicht sogar erst in der übernächsten Woche, tatsächlich vollzogen werden können.

Laut Kostern fehlt es zudem generell an Betten, Matratzen, Möbeln und insbesondere an Betreibern, die die Notunterkünfte unterhalten. Denn die bisherigen Kräfte seien am Limit, so Kostner. Mittlerweile müssten sogar schon Hilfskräfte der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks und der Bundeswehr aushelfen. Die meisten Bezirke haben für die Ausstattung der Einrichtungen bereits ihre Notlager angebrochen, so Kostner.

In Berlin kommen zur Zeit vor allem Flüchtlinge aus Syrien an, aber auch aus anderen Ländern. Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte sich am Freitag für eine gesonderte Anlaufstelle für Asylbewerber aus den Westbalkan-Staaten ausgesprochen. Ziel müsse es sein, die Menschen schneller in ihre Heimatländer zurückzuführen. Mit dpa