Getrübter Erfolg

Die Bundesgartenschau rechnet mit einem Defizit von zehn Millionen Euro

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.
Mit fünf Standorten in zwei Bundesländern war die BUGA 2015 in der Havelregion ein Experiment. Finanziell ist es nicht geglückt.

Dass es mit der Bundesgartenschau (BUGA) nicht zum Besten steht, fällt am Mittwoch in Premnitz nicht ins Auge. Der BUGA-Park, der sich vom Stadtzentrum zur Havelpromenade zieht, ist erstaunlich gut besucht. Vor dem mit 3,3 Hektar kleinsten Standort der BUGA parkten am Morgen zehn Wohnmobile und bis zum Mittag brachten 13 Reisebusse Gäste.

Die Region zwischen Brandenburg/Havel und dem sachsen-anhaltischen Havelberg hat in diesem Jahr bundesweite Aufmerksamkeit erfahren. Von diesem nie erlebten Bekanntheitsgrad profitieren auch die Städte Rathenow und Premnitz sowie das Amt Rhinow/Stölln. Sie alle haben das der Bundesgartenschau zu verdanken. Das ist aus Sicht von Dietlind Tiemann (CDU), Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel und Vorsitzende des BUGA-Zweckverbandes, das vielleicht wichtigste Ergebnis der gemeinschaftlichen Anstrengungen aller fünf mit eigenen Ausstellungslandschaften beteiligten Kommunen. Doch zugleich musste Tiemann einräumen, dass weit weniger Besucher die neuen Blütenparadiese aufsuchten als erhofft. »Mindestens 1,5 Millionen Besucher, mit dieser Erwartung haben wir das Projekt in Angriff genommen«, so Tiemann am Mittwoch bei einer Zwischenbilanz im Premnitz. »Wir liegen derzeit ein Drittel unter dem Ergebnis, das wir prognostiziert hatten.«

In nackten Zahlen bedeutet das: Am Ende könnte ein Defizit in Höhe von zehn Millionen Euro auf die Veranstalter zukommen. Ein harter Schlag, denn man habe konservativ kalkuliert und mit einem streng begrenzten Team von 60 Mitarbeitern sehr sparsam gewirtschaftet, so Tiemann. »Natürlich wissen wir jetzt, dass die geplanten 1,5 Millionen Besucher nicht erreicht werden, da braucht man gar nicht drum herum zu reden. Aber Zahlen sind nicht der einzige Gradmesser für den Erfolg unseren einmaligen dezentralen BUGA.« Mit der BUGA habe man in einem einzigartigen Konzept die Städte schöner gemacht, und zwar nachhaltig und behutsam.

Insgesamt 35 Millionen Euro hatten die Kommunen - aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Bevölkerungszahl - in den Durchführungshaushalt eingezahlt und mit einem Gewinn gerechnet. Tiemann betonte, dass sich am Ergebnis bis zum Abschluss der BUGA am 11. Oktober noch einiges ändern könne. Doch werde man das Defizit gemäß den vereinbarten Prinzipien am Ende gemeinsam tragen. Erhard Skupch, Geschäftsführer des Zweckverbandes, betonte, dass der Durchführungshaushalt planmäßig eingehalten worden sei. Das Defizit resultiere also aus Mindereinnahmen. »Die Dinge, die sich zählen lassen, sehen derzeit so aus: Vor allem durch nicht getätigte Ticketverkäufe, geringere Parkerlöse und Mindereinnahmen bei der BUGA-Gastronomie ist eine Finanzlücke von knapp zehn Millionen Euro zu verzeichnen.«

Extreme Wetterbedingungen mit Hitzerekorden, Stürmen und Unwettern, die eine zeitweise Schließung einzelner Areale erforderlich machten, sowie der wochenlange Streik bei der Bahn und bei kommunalen Verkehrsbetrieben haben ihre Spuren in den Zahlen hinterlassen. Insgesamt komme man derzeit auf rund 940 000 Besucher und rechne fest damit, noch im September den einmillionsten Gast begrüßen zu können, sagte Skupch.

Er verwies dennoch auf die positiven Effekte, die die erste dezentrale BUGA für das Lebensgefühl der Menschen in der Region, aber auch für die Entwicklung der Infrastruktur und des jeweiligen Stadtbildes mit sich gebracht habe. Insbesondere regionale Unternehmen wie Fahrgastschifffahrt, Fahrradverleiher, Gaststätten, Hotels und Pensionen haben demnach von der BUGA profitiert. »Von einer insgesamt positiven Wahrnehmung«, sprach auch Jochen Sandner, Chef der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft. »Dass, was in den letzten Jahren in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Bundesgartenschau unternommen wurde, ist beispielhaft. Diesen dezentralen und nachhaltigen Ansatz für eine gesamte Region gab es in der Geschichte der Bundesgartenschau noch nie.« Mit der BUGA entlang der Havel sei Neuland betreten worden. Sie habe sich als Tourismus-BUGA erwiesen. Zwar seien wie erwartet die meisten Besucher aus der Region gekommen. Doch viele unternahmen auch eine Kurzreise, blieben im Durchschnitt für drei Übernachtungen in der Gegend.

Für die Zukunft lasse sich sicher lernen, so Sandner, dass der Mobilität bei einer dezentralen BUGA mehr Aufmerksamkeit zu widmen sei. Hier müsse an der Servicekette - Shuttleverbindungen, eventuell auch eine Schifffahrtslinie - gearbeitet werden. Dazu bedürfe es aber auch deutlich umfangreicherer Investitionen. Dennoch werde das Beispiel Schule machen. Es gibt bereits mögliche Nachahmer: 2027 soll die BUGA entlang der Emscher zwischen Dortmund und Duisburg stattfinden und 2031 im Mittelrheintal zwischen Koblenz und Rüdesheim.

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