Tausend Jahre Historie

Kaiserdom Merseburg

  • Hubert Thielicke
  • Lesedauer: 2 Min.

Merseburg und tausendjährige deutsch-europäische Geschichte? Kaum zu glauben. Die Stadt ist vor allem als Industriestandort in Sachsen-Anhalt bekannt, umgeben von früheren Chemiegiganten wie Leuna, Buna und dem Mineralölwerk Lützkendorf, heute alle stark verkleinert und privatisiert. Überquert man jedoch die Saale von der Autobahn kommend, fällt das mehrtürmige Ensemble von Dom und Schloss ins Auge.

Seit der Jungsteinzeit war der Ort ein beliebter Siedlungsplatz, wurde in karolingischer Zeit Grenzfestung gegenüber den jenseits der Saale lebenden slawischen Stämmen und schließlich Königspfalz unter Heinrich I., dem ersten deutschen König aus sächsischer Dynastie. Als dessen Sohn, der spätere Kaiser Otto I., 955 auf dem Lechfeld bei Augsburg die Ungarn besiegte, begann eine glanzvolle Zeit für die kleine Burg. Der siegreiche König gelobte, ein neues Bistum einzurichten. Wichtiger für die europäische Geschichte war allerdings, dass sich die kriegerischen Nomaden nun mit Gebieten an der unteren Donau zufrieden gaben und sesshaft wurden.

Das mittelalterliche Reich hatte keine eigentliche Hauptstadt, wurde von «Wanderkönigen» regiert, die von Pfalz zu Pfalz zogen. Merseburg gehörte zu den zehn wichtigsten, weil es angesichts der fruchtbaren Gegend wirtschaftlich sehr leistungsfähig war und dem «wandernden» Königshof ausreichende Vorräte bot.

Die Grundsteinlegung vor 1000 Jahren ist Anlass für die derzeitige hochkarätige Ausstellung; der Dom und das benachbarte Schloss bieten den prächtigen Rahmen. Europäische Sammlungen stellten wertvolle Leihgaben zur Verfügung. Herausragend das reich mit Gold und Edelsteinen verzierte Adelheidkreuz aus dem Benediktinerkloster St. Paul im österreichischem Lavanttal, das größte erhaltene Reliquienkreuz des Mittelalters. Von dort kommt auch der Heinrich II. gewidmete prunkvolle Kaiserkelch. Diese wie auch andere Exponate sollen gewissermaßen die Verluste veranschaulichen, die der ursprünglich reiche Domschatz erlitt, insbesondere in den Wirren des Schmalkaldischen Krieges, als die Fürsten - ob Katholiken oder Protestanten - Gold und Silber des Schatzes zu Münzen machten, um ihre Söldner zu löhnen. Trotz allem warten Kathedrale, Domschatz und Handschriftensammlung nach wie vor mit reichhaltigen Kunstwerken auf, darunter der Heinrichsaltar aus der Werkstatt Lucas Cranachs d. Ä., mehrere Werke des «Meisters der byzantinischen Madonna» aus Leipzig etc. Das Langhaus des Doms beherrscht das gewaltige barocke Prospekt der Ladegast-Orgel, von Franz Liszt als das «Non plus ultra der deutschen Orgelbaukunst» bezeichnet. Sie wurde 1855 in seiner Gegenwart mit seinem ersten Orgelwerk eröffnet. Heute gehören die alljährlich im September stattfindenden Merseburger Orgeltage zu den großen Orgelfesten Europas.

1000 Jahre Kaiserdom Merseburg«, bis 9.11.

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