nd-aktuell.de / 23.09.2015 / Politik / Seite 3

Volkseinheit entzweit die Linkspartei

Debatte nach dem Erfolg von SYRIZA in Griechenland

Tom Strohschneider

Es kommt ein bisschen verzögert an in der hiesigen Linken, das Echo der Wahlen in Griechenland, aber es kommt: War es richtig, dass die Führung der LINKEN ihre Unterstützung für SYRIZA erklärt hatte?

Die Frage mag verwundern, aber die Antworten fallen dieser Tage ziemlich unterschiedlich aus. Hatte die Parteiströmung Antikapitalistische Linke schon vor den Wahlen eine Unterstützung von SYRIZA abgelehnt, von einem »Rechtsruck« der griechischen Linkspartei war die Rede, auch davon, dass Tsipras nun die Politik umsetze, »die von Schäuble und Co. per Erpressung und Ultimaten gefordert wurde«. Dass sich führende Politiker der LINKEN vor der Wahl hinter SYRIZA stellten und dabei geltend machten, dass es Solidarität nicht nur geben könne, wenn es gut läuft, hat bei der Antikapitalistischen Linken für Empörung gesorgt: Die Parteispitze und Gregor Gysi, heißt es in einer neuerlichen Erklärung, würden sich »einen neoliberalen Horrorkatalog schönreden«, auch sei der »Reformismus an der Regierung gescheitert«. Und nicht zuletzt sei mit der Unterstützung von SYRIZA im Wahlkampf »nicht nur die Basis, sondern auch der Parteivorstand« brüskiert worden.

Im Umfeld der LINKEN-Spitze heißt es dazu lapidar, positive Erklärungen über befreundete Linksparteien bedürften keiner Beschlussfassung; zudem sei fraglich, ob die in Teilen der Linkspartei anzutreffende Begeisterung für Laiki Enotita auch an der ganzen Basis so groß ist. In Griechenland hielt sich die Zustimmung jedenfalls in Grenzen: Die »Volkseinheit« scheiterte am Sonntag mit ihrem auf Rückkehr zur Drachme und Bruch mit den europäischen Institutionen ausgerichteten Programm an der Drei-Prozent-Hürde. Die Erfolglosigkeit von Laiki Enotita war in der Linkspartei mit dem Hinweis zur Kenntnis genommen worden, ein »Grexit ist in der griechischen Bevölkerung alles andere als beliebt«, so formulierte es LINKE-Chefin Katja Kipping.

Die Debatte trifft hier auf einen doppelten Resonanzboden: Erstens läuft seit Wochen eine Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen linker Veränderung unter den existierenden Bedingungen in Europa - Stichwort EU und Euro. Dazu hat die Linksfraktion am Dienstag ein Grundsatzpapier beschlossen. Zweitens findet die Diskussion über SYRIZA und die Abspaltung Laiki Enotita ihre Entsprechung in der ewigen linken Debatte über das Mitregieren.

In einer Erklärung des Forums demokratischer Sozialismus wird der von links kommenden Kritik an Tsipras entgegengehalten, SYRIZA würde zum Teil »für eine innerparteiliche Debatte über die Frage ›Wie hältst du es mit dem Regieren?‹ missbraucht.« Die »Entsolidarisierung« mit der Schwesterpartei folge zudem falschen Alternativen - Renationalisierung der Politik, Ausstieg aus der Gemeinschaftswährung, Preisgabe des europäischen Ansatzes - und vertiefe überdies die »Spaltung der Linken« auf EU-Ebene. Nicht nur Tsipras habe am Sonntag »eine zweite Chance bekommen, sondern auch die Linke in Europa«.