»Silber wäre enttäuschend«

Tony Martin will sich den WM-Titel im Zeitfahren zurückholen, auch wenn der Jahreshöhepunkt schon hinter ihm liegt

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Weltmeisterschaften begannen für Sie am Sonntag mit Silber im Teamzeitfahren. Bewerten Sie das Rennen mit etwas Abstand und Blick auf ihr Einzelzeitfahren als positiv oder negativ?

Ich bin froh, dass das Mannschaftszeitfahren für mich persönlich gut gelaufen ist. Es war ein Formtest, und ich habe mich sehr gut gefühlt. Entsprechend positiv gestimmt gehe ich ins Einzelzeitfahren.

Sie peilen Ihren vierten WM-Titel an. Wäre der gerade nach der Schlappe im Vorjahr noch wichtiger als das Gelbe Trikot, das sie bei der diesjährigen Tour de France erstmals tragen durften?

Sicher war die Tour de France für mich dieses Jahr das große Highlight mit der Chance auf das Gelbe Trikot, die ich dann auch nutzen konnte. Danach kommt aber schon das WM-Einzelzeitfahren. Letztes Jahr war es doch sehr, sehr schwer für mich, das Weltmeistertrikot abzugeben und Bradley Wiggins darin zu sehen. Ich bin hierher gekommen, um Gold zu holen. Silber wäre enttäuschend.

Sie schieden bei der Tour das Gelbe Trikot tragend in einem bitteren Moment mit einem Schlüsselbeinbruch aus. War es in der Rückschau ein Nachteil für die WM-Vorbereitung oder hatte die Zwangspause vielleicht sogar einen positiven Effekt für Sie?

Das Ausscheiden war sehr, sehr schade, gerade unter diesen Umständen. Aber man kann auch mutmaßen, dass der Abbruch der Tour ein bisschen Erholung gebracht und mir die Möglichkeit gegeben hat, noch einmal einen Neustart zu machen in Richtung Weltmeisterschaft. Insofern denke ich nicht, dass der Sturz mich negativ beeinflussen wird, im Gegenteil: Vielleicht gibt mir das die nötige Frische, die ich unter anderen Umständen nicht gehabt hätte.

Sehen Sie sich in der Rolle des Favoriten? Der Kurs scheint Ihnen ja entgegenzukommen.

Die Bedingungen deuten auf mich als Hauptfavoriten hin. Der Kurs kommt mir zu 100 Prozent entgegen. Es ist ein Kraftkurs, relativ ausgeglichen. Es stecken zwar leichte Anstiege und leichtes Gefälle drin. Aber nichts, was man auch nur ansatzweise als Berg bezeichnen könnte. Es ist genau das Terrain, das ich im Zeitfahren bevorzuge, und dementsprechend bin ich im Vorteil.

Wer kann Sie trotzdem gefährden?

Ein Konkurrent wird mit Sicherheit Tom Dumoulin (Niederlande, Anm. d. Red.) sein, der eine ausgezeichnete Vuelta geboten hat. Die Frage ist, ob er sich davon erholt hat. Rohan Dennis (Australien), der bei der Tour ganz stark gefahren ist und Taylor Phinney (USA), der am Sonntag ein starkes Comeback hatte, gehören auch dazu. Das sind die Namen, die man auf der Liste haben muss.

Spielt Ihnen die Startauslosung in die Karten?

Die letzte Startposition wird ein großer Vorteil sein. Man hat die Zwischenzeiten, die dann auch die Strategie mit vorgeben. Auf den langen Geraden hat man auch die Chance, das Begleitfahrzeug des Konkurrenten zu sehen - ein ungemein wichtiger mentaler Faktor. Das ist ein Zielpunkt, an den man sich heranziehen kann. Sieht man dagegen niemanden, kann man auf endlosen Geraden regelrecht verzweifeln. SID

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