nd-aktuell.de / 23.09.2015 / Politik / Seite 20

Millionen in Mekka

Große Wallfahrt beginnt in der saudiarabischen Stadt

Mey Dudin, Mekka
Zur großen Wallfahrt sind Millionen Muslime nach Mekka gereist. Dort war jüngst ein Kran in die große Moschee gestürzt. Es gab mehr als 100 Tote. Die Massenveranstaltung birgt weitere Risiken.

Bei Temperaturen um 40 Grad Celsius sammeln sich wie jedes Jahr in weiß gekleidete Pilger an dem heiligsten Ort des Islam. Drei Millionen Muslime sollen es laut saudischen Medien sein, die sich zur großen Wallfahrt nach Mekka aufgemacht haben. Aus dem Ausland sind fast 1,4 Millionen Menschen eingetroffen. Der Hadsch wird in diesem Jahr von einem schweren Baukranunglück überschattet, das zahlreiche Opfer forderte. Und bei zwei Hotelbränden innerhalb von fünf Tagen entkamen mehr als 2500 Pilger nur knapp der Katastrophe.

Die saudischen Behörden bemühen sich, dass es nicht zu weiteren Zwischenfällen kommt. Die Furcht vor Massenpanik, Anschlägen und Epidemien ist bei der fünftägigen Großveranstaltung ein ständiger Begleiter.

Bei einem schweren Unwetter war vor anderthalb Wochen ein Baukran in die Große Moschee von Mekka gestürzt. Trümmer und Teile des Krans krachten zu einer Zeit in einen Seitenflügel, in der sich die Gläubigen zum Gebet zum Sonnenuntergang an der heiligen Kaaba versammelt hatten. Mehr als 100 Personen starben, 300 wurden verletzt. Der Unglückskran war bei Arbeiten zur Erweiterung der Moschee im Einsatz.

Mit dem Ausbau war die saudische Binladin Gruppe beauftragt. Sie trägt laut offiziellen Untersuchungsergebnissen eine Teilverantwortung für das Unglück. Der Kran hätte, als der Sturm begann, nicht in dieser Position stehen dürfen, hieß es. Gegen Manager der Binladin Gruppe wurde ein Ausreiseverbot verhängt, der Firma vorläufig staatliche Aufträge entzogen.

Während die Gläubigen bei Rufen »labaika allahuma labaik« (»Hier bin ich, oh Herr«) in Zeltstädten kampieren, am Mittwoch auf dem Berg Arafat beten oder am Donnerstag das Opferfest Eid al-Adha feiern, werden sie von etwa 5000 Kameras überwacht. Hubschrauber und 100 000 Sicherheitskräfte sind im Einsatz - auch Mitglieder der Anti-Terror-Einheiten. Es gibt drei Notfalllager mit 60 000 Plätzen. Lokale Führer, Mutawwif genannt, versorgen die Pilger mit Essen und Wasser aus dem heiligen Zamzam-Brunnen. Sie organisieren den Transport zum Zeltlager und den heiligen Stätten, verteilen Gebetsteppiche und den Koran.

Der Mufti von Saudi-Arabien, Scheich Abdelasis Al-Scheich, warnte die Pilger davor, den Hadsch für ihre Zwecke zu missbrauchen. »Eine Politisierung der Wallfahrt ist gegen die Prinzipien der Scharia«, betonte er.

Seit 2012 bedroht eine unsichtbare Gefahr den »Hadsch«: der Erreger MERS-CoV (Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus). Schon in den vergangenen zwei Jahren waren alte Menschen, Schwangere, Kinder und chronisch Kranke aufgerufen, den Hadsch auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Der Coronavirus löst grippeähnliche Symptome aus und kann zu Nierenversagen und schweren Lungenentzündungen führen. Weltweit sind seit 2012 laut Weltgesundheitsorganisation mehr als 550 Todesfälle registriert worden, die meisten in Saudi-Arabien. dpa/nd