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Die Polizei hat ein Nazi-Problem

Untersuchungsbericht bestätigt Vorwürfe - Präsident Mörke spricht von Einzelfällen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Brandenburgs Polizei muss sich mit rechtsextremen Umtrieben in den eigenen Reihen auseinandersetzen. Allerdings handele es sich um Einzelfälle, betonte Polizeipräsident Mörke am Donnerstag.

Die mehrwöchigen internen Untersuchungen zur Polizei in der Uckermark haben zu massiven personellen Konsequenzen geführt. Ein grundsätzliches Nazi-Problem mochte Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke, der nach einem rbb-Bericht im August diese Untersuchungen angeordnet hatte, aber am Donnerstag in Potsdam bei der Vorstellung des Untersuchungsberichts nicht bestätigen.

So darf eine - immerhin leitende - Beamtin, die von einer Bürgerin angezeigt worden war, nicht länger ihre Dienstgeschäfte ausüben. Mörke teilte mit, dass hier ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel, sie ganz aus dem Polizeidienst zu entfernen, durchgeführt werde. Gegen die Frau laufe zudem ein Strafverfahren wegen Nötigung. Hintergrund: sie soll eine Bürgerin bedroht haben, als diese die rechtsextremen Umtriebe des Ehemanns und des Bruders der Polizistin öffentlich machen wollte. Die Beamtin selbst habe sich in Gesprächen nicht deutlich von dieser Gesinnung distanziert, betonte Mörke. Das Problem mit ihr sei überhaupt erst ans Licht gekommen, als eine Bürgerin Anzeige erstattet hatte.

Der Dienstvorgesetzte der Beamtin, der dieser Frau den Weg in die Führungsposition und in »sensible Bereiche« eröffnet hatte, habe dies in Kenntnis ihrer familiären Verbindungen zur rechtsextremen Szene getan. Daher sei ihm »eine falsche Bewertung der vorhandenen Informationen« anzulasten, betonte Mörke. Dieser leitende Polizist hatte zudem auf seinem Mobiltelefon ein im Hitler-Jargon gesprochenes »Nachrichten von der Ostfront« als Klingelton gespeichert und diesen erst gelöscht, als er von seinem Dienstvorgesetzten dazu aufgefordert worden war. Der Beamte wurde versetzt.

Diese Vorgänge haben zu einem erheblichen Vertrauensverlust in der Bevölkerung gegenüber der Polizei Brandenburgs beigetragen, schätzt der Untersuchungsbericht ein.

Die Untersuchungsgruppe ermittelte auch im Falle eines weiteren Polizeivorgesetzten, dem vorgeworfen wurde, dass er mit örtlichen Rechtsextremen sympathisiere. Zwar hätten sich diese Vorwürfe als »haltlos« erwiesen, doch hätten sich bei dem Beamten Hinweise auf »in grober Weise unangemessenes Führungsverhalten« bestätigt. Mörke stellte klar: »So geht man mit den Leuten nicht um.« Dieser Vorgesetzte wurde innerhalb seiner Polizeidirektion umgesetzt, gegen ihn ist zudem ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.

Einem weiteren Beamten bleiben die Fortführung seiner Dienstgeschäfte bis auf weiteres verwehrt. Bisher nicht bestätigt habe sich der Vorwurf, dass dieser Polizist im Kollegenkreis wiederholt volksverhetzende Äußerungen von sich gegeben habe. Allerdings ermittele in seinem Falle die Staatsanwaltschaft weiter.

Schließlich wurde zwei anderen Beamten vorgeworfen, die Personalien von Mitgliedern einer Gruppe von Rechtsextremen nicht aufgenommen zu haben, obwohl Bürger deren strafbare Handlungen angezeigt hatten. Einer der beiden Beamten ist jetzt von dem Vorwurf freigesprochen worden, doch im Fall des anderen Beamten ermittelt weiterhin die Staatsanwaltschaft.

Polizeipräsident Mörke erklärte, dass der Leiter der Polizeiinspektion Uckermark, in der sich diese Vorkommnisse ereignet hatten, »in Wahrnehmung der Gesamtverantwortung« um die Versetzung in den Ruhestand gebeten hat.

»Ich betone, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Beamtinnen und Beamten treu zu ihren Verpflichtungen steht und ihre Aufgaben in guter Qualität erfüllt«, erklärte Mörke. Er hob hervor, dass die Aufklärungsrate rechtsextremer Straftaten in der Polizeidirektion Nordost überdurchschnittlich hoch sei. »Wie die gesamte Polizei Brandenburgs, so ist auch die Polizeiinspektion Uckermark nicht auf dem rechten Auge blind oder gar von rechten Umtrieben durchsetzt«, versicherte Brandenburgs Polizeipräsident abschließend. Seite 12

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