Twittern über Klassiker in der Bahn

Diebstahl ist eines der Hauptdelikte im Berliner Nahverkehr / Die Polizei informiert

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
BVG, Bahn und Polizei setzen im Kampf gegen Kriminalität auf mobile Streifen, das Internet - und vor allem Kameraüberwachung.

Mit Kampagnen über das soziale Netzwerk Twitter hat die Berliner Polizei bereits einige Erfahrungen sammeln können - im Juni »zwitscherten« Mitarbeiter bereits einmal 24 Stunden lang über sämtliche in der Einsatzzentrale ausgelösten Funkwageneinsätze in der Stadt. Bis zum 27. September informiert die Behörde jetzt unter dem Hashtag pickpocket (Taschendieb) über Delikte jener Art, die in Berlin auch im öffentlichen Nahverkehr einen großen Teil der Straftaten ausmacht, wie folgender Tweet der Polizei zeigt: »20. September U-Bhf Wedding. Klassiker in der Bahn. Portmonee vorn im Rucksack auf dem Rücken in der vollen Bahn. Nun nicht mehr.«

Diebstähle gehören zu den häufigsten Delikten im Berliner Nahverkehr. Gerade am Wochenende und in den Abendstunden treten Diebe vermehrt in Aktion, bestätigt ein Mitarbeiter der Abteilung Sicherheit der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Während eines Aktionstages informierte er am Donnerstag zusammen mit Mitarbeitern der Berliner Polizei am Ostbahnhof Fahrgäste und Passanten zum Thema »Sicherheit im öffentlichen Personennahverkehr«. BVG, Polizei und Deutsche Bahn setzten auf Bahnhöfen auf sogenannte Sicherheitspartnerschaften. Mit mobilen Streifen in den Zügen und auf Bahnsteigen, uniformiert, aber auch in Zivil, sollen die Mitarbeiter das Sicherheitsgefühl im Nahverkehr stärken - anstelle von Bahnhofsaufsichten setzen die Unternehmen aber vor allem auf Kameraüberwachung. In den Bussen und Bahnen der BVG ist die Videoüberwachung mit hochauflösenden Kameras mittlerweile Standard. Die mobilen Streifen, die aus jeweils zwei Mitarbeitern der BVG oder von Fremdfirmen sowie zwei Polizisten bestehen, patrouillieren vor allem auf den Schwerpunkt- und Umsteigebahnhöfen wie am Alexanderplatz oder an der Osloer Straße: Stationen mit mehreren Linien und vielen Fahrgästen, die aus- oder umsteigen, und die auch Kriminalitätsschwerpunkte sind.

Touristen sind eine bevorzugte Opfergruppe, wenn es um Diebstahl geht, bestätigt ein Einsatzleiter der Polizei. Sie haben meist mehr Bargeld bei sich, haben mehr Probleme bei der Orientierung und sind so leichter abgelenkt. Er weist aber noch auf ein anderes Problemfeld hin, das sowohl Berliner als auch Besucher betrifft: die Fahrkartenautomaten. Bei Kartenzahlung erfordern sie die Eingabe der PIN-Nummer der Bankkarte. Wie an Geldautomaten besteht dort die Gefahr des Ausspähens der Geheimnummer. Eine andere Gefahr liegt in der möglichen Manipulation der Automaten selbst, die von außen manchmal nur schwer oder überhaupt nicht zu erkennen ist.

Mit den mobilen Streifen und über 2000 Kameras auf den Berliner U-Bahnhöfen reagierte die BVG auf eine Reihe schwerer Gewalttaten in den vergangenen Jahren. Wenn Fahrgäste auf den Notrufsäulen an den Bahnsteigen Alarm auslösen, werden die Kamerabilder live auf die Bildschirme in der BVG-Sicherheitszentrale geschaltet. Ansonsten werden die Bilder 48 Stunden lang gespeichert und dann gelöscht. Rund um die Uhr live werden die Bahnhöfe Kottbusser Tor, Zoologischer Garten und Alexanderplatz von BVG und Polizei gemeinsam per Kameras überwacht.

Auf ein relativ neues und gefährliches Phänomen weist die Bundespolizei hin: Fotos im Gleisbett. Häufig wählen Mädchen zwischen zwölf und 16 Jahren Bahnschienen als Hintergrundmotiv für Videos oder Bilder von sich aus, wenn es um die Darstellung von Freundschaft in sozialen Netzwerken geht - Gleise laufen immer parallel, nichts kann sie trennen. Tödliche Unfälle in den letzten Jahren zeigen aber, wie gefährlich diese Fotos sein können - und schwer zu fassen ist: Ein Zug, der sich mit 160 km/h nähert, braucht für eine Strecke von 100 Metern ganze 2,25 Sekunden - viel zu kurz für eine Reaktion. Auch wenn die Bahnen in Berlin nicht so schnell fahren, verweist die Polizei auf die große Gefahr.

Auf Twitter widmet sich die Berliner Polizei dagegen wieder den »Klassikern« im Nahverkehr. Am Donnerstagmittag kann sie flapsig einen Erfolg twittern: »Endstation: U 6 wird für zwei Taschendiebe zum Sonderzug ins Gewahrsam. Festnahme nach mehreren Tatversuchen.«

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