EU zahlt und schließt Fenster und Türen

Sondergipfel beschließt »auswärtige Hilfe« und strengere Sicherung der Außengrenzen

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.
Angela Merkel nutzte den Bundestag am Donnerstag zum Stopp für eine Rede. Zwischen EU-Sondergipfel und Nachhaltigkeitsgipfel der UNO ging es auch dort um Flüchtlinge.

»Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg waren so viele Menschen auf der Flucht wie heute«, stellte Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung am Donnerstag zutreffend fest, keine acht Stunden nach Ende des EU-Sondergipfels in Brüssel. Seit die EU-Staaten nicht nur in ihrer Peripherie mit der Flüchtlingskrise konfrontiert sind, ist es mit der Ignoranz vorbei. Der Sondergipfel hatte sich in der Nacht zuvor auf eine Milliarde Euro zur Versorgung von Flüchtlingen aus Syrien verständigt, was die Staats- und Regierungschefs anschließend zu mehrheitlich zufriedenen Stellungnahmen über die eigene Leistung veranlasste. Europa sehe sich »einer beispiellosen Migrations- und Flüchtlingskrise« gegenüber, heißt es in einer Erklärung, die die 28 Regierungsvertreter annahmen. Mit dem Geld sollen das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, das Welternährungsprogramm und andere Einrichtungen unterstützt werden. Weitere Mittel in nicht genannter Höhe gehen an einzelne Länder mit hohen Flüchtlingszahlen wie etwa Libanon, Jordanien und die Türkei. Die EU-Kommission hatte noch kurz zuvor deutliche Kritik an EU-Mitgliedsstaaten geäußert, dass sie ausgerechnet in der jetzigen Situation ihre Hilfszahlungen für das Welternährungsprogramm um bis zu 99 Prozent zusammengestrichen hätten.

Die »dramatische Situation an unseren Außengrenzen«, von der in der Erklärung weiter die Rede ist, gibt den EU-Staaten nun auch im Zentrum der EU zu denken, die sich bisher auf den Abschottungsmechanismus an den Rändern verließen. Bessere Grenzkontrollen sowie mehr Geld und Personal für die zuständigen EU-Behörden sind nun verabredet. Die »Frontstaaten« an den Außengrenzen müssten mehr Unterstützung bei der Identifizierung und Registrierung der ankommenden Menschen erhalten. Zentren zur Registrierung von Flüchtlingen - sogenannte Hotspots - in Italien und Griechenland sollen bis Ende November 2015 eingerichtet sein.

Die EU müsse »die Politik der offenen Türen und Fenster korrigieren«, fasste Ratspräsident Donald Tusk die Absicht der Union zusammen. »Der Fokus muss nun auf dem richtigen Schutz unserer Außengrenzen und auf auswärtiger Hilfe für Flüchtlinge liegen.« »Der Fokus liegt nach wie vor darauf, Flüchtlinge draußen zu halten«, kritisierte deshalb Amnesty International. Ein Ende des Krieges in Syrien wird immer dringlicher. Für Aufmerken sorgte Merkel deshalb mit ihrer Bemerkung, zu diesem Zweck müsse auch mit Machthaber Assad gesprochen werden.

Am Nachmittag stellte sich die Kanzlerin überdies den Ministerpräsidenten der deutschen Länder, die heftig auf eine Erhöhung der bereits zugesagten Mittel zur Unterbringung von Flüchtlingen gedrängt hatten. Auch hier sagte sie mehr Geld zu. Seiten 4 und 6

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