Schlagabtausch am East River

In New York beginnt die Generaldebatte der 70. Vollversammlung der Vereinten Nationen

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
In der Generaldebatte der 70. UN-Vollversammlung ergreifen die Vertreter aller 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen das Wort. An politischer Prominenz mangelt es dabei nicht.

Der Übergang in New York erfolgt nahtlos: Am Sonntag ging der bisher größte Sondergipfel in der Geschichte der Vereinten Nationen zu Ende, am Montag beginnt eine Generaldebatte der 70. UN-Vollversammlung, die angesichts der Krisen und Konflikte in der Welt einigen politischen Zündstoff erwarten lässt. An politischer Prominenz mangelt es dabei nicht; ob Obama, Putin, Raúl Castro oder Xi, sie alle wollen nicht nur am Rednerpult Politik machen. Diese Tage am East River werden auch genutzt, um hinter den Kulissen auf höchster Ebene bi-, tri- oder multilateral um Lösungen zu feilschen.

Obwohl die Resolutionen des UN-Plenums im Unterschied zu jenen des Weltsicherheitsrats nicht rechtlich verbindlich sind, ist es ein wichtiges internationales Forum. Die etwa einwöchige Generaldebatte bildet traditionell den Auftakt zur ein Jahr dauernden Sitzungsperiode der Vollversammlung, in der jeder der 193 Mitgliedstaaten vertreten ist und unabhängig von seiner Bevölkerungszahl oder Größe eine gleichberechtigte Stimme besitzt. Und jedem Repräsentanten, oft die Staats- und Regierungschefs, steht die gleiche Redezeit zur Verfügung - 15 Minuten. Allerdings werden die gern überzogen: Fidel Castro kam 1960 auf viereinhalb Stunden.

Wobei in diesem Jahr schon der UN-Entwicklungsgipfel die Bühne bot, um politische Pflöcke einzuschlagen. So warf Kubas Präsident Raúl Castro den USA vor, trotz aller Fortschritte in den bilateralen Beziehungen mit ihrer Blockade den Menschen in seinem Land weiter »Schäden und Strapazen« aufzubürden. Die Sanktionen müssten so schnell wie möglich aufgehoben werden. Zugleich forderte er eine »neue internationale Finanzarchitektur«. Irans Präsident Hassan Ruhani wiederum warnte andere Länder davor, durch falsche Politik den Terrorismus zu unterstützen. Und der palästinensische Außenminister Riad Al-Maliki klagte Israel an, für die anhaltende Misere seines Volkes verantwortlich zu sein.

Politischer Streit ist aber nicht nur in der Generaldebatte programmiert, wo absehbar Syrien, der Kampf gegen den Terrorismus und die weltweite Flüchtlingskrise eine herausragende Rolle spielen werden. So wollte Chinas Präsident Xi Jinping nach seinen Gesprächen mit Barack Obama, bei denen es u.a. um das heikle Themen Cybersicherheit ging, am Sonntag mit einem UN-Gipfel auf das Thema Frauenrechte aufmerksam machen und dabei auch an die Weltfrauenkonferenz vor 20 Jahren in Peking erinnern. Der US-Präsident sagte, anders als Angela Merkel und rund 70 weitere Staats- und Regierungschefs, ab und schickte seine UN-Botschafterin Samantha Power - die ihrerseits auf Washingtons Kampagne »Free the 20« aufmerksam machen wollte, mit der weltweit auf die Freilassung von inhaftierten Frauenrechtlerinnen gedrängt wird, auch chinesischen.

Die Bundeskanzlerin drängte in New York darauf, nicht nur die Welt, sondern auch die Weltorganisation UNO selbst zu verändern - nicht zuletzt im eigenen Interesse. Sie wiederholte den Vorschlag der G4-Staaten (Deutschland, Brasilien, Indien, Japan), den Sicherheitsrat zu reformieren, sprich umfassend zu erweitern. Ein Sitz für Deutschland wäre da natürlich willkommen.

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