nd-aktuell.de / 29.09.2015 / Politik / Seite 5

Winter im Großzelt

Temperaturen sinken, doch feste Unterkünfte für Asylbewerber werden rar

Fabian Lambeck

Derzeit sind Zehntausende Flüchtlinge in Zeltstädten untergebracht. Angesichts des nahenden Winters stellt sich die Frage, ob Bund, Länder und Kommunen in der Lage sind, alle in beheizbaren Einrichtungen unterzubringen. Die Zeltstadt in Kassel-Calden, in der es nun zu schweren Auseinandersetzungen kam, ist keine Ausnahme. Allein in Hessen gibt es derzeit sechs größere Zeltlager. Die LINKE bezweifelt, dass die Lager im Winter nicht mehr da sein werden: »Die Errichtung von Zeltlagern als Massenunterkunft folgt dem immer gleichen Schema: Erst werden sie als Provisorium angekündigt, um Spitzenzeiten zu überbrücken, dann werden sie zum traurigen Dauerzustand«, kritisiert Marjana Schott, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Hessischen Landtag.

Zeltstädte für Flüchtlinge gibt es auch in anderen Bundesländern. Auf dem Gelände eines Truppenübungsplatzes im bayerischen Straubing entsteht derzeit eine solche Massenunterkunft für insgesamt 5000 Menschen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte dann auch, die Zelte seien nicht als dauerhafte Unterkunft gedacht. Zumindest den Winter über werden die provisorischen Unterkünfte wohl stehen bleiben.

In Sachsen forderte der Chef des dortigen Roten Kreuzes, Rüdiger Unger, am Montag den raschen Abbau der Zeltstädte in Dresden und Chemnitz. »Wir müssen in der nächsten Tagen aus diesen Zelten raus«, so Unger. Schon jetzt seien die Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt. Damit sei man »an der Schmerzgrenze angekommen«. Ein Sprecher des Sächsischen Innenministerium betonte gegenüber »nd«, dass die Flüchtlinge aus dem Zeltlager in der Dresdener Friedrichstadt »in den nächsten 14 Tagen« umziehen werden. Vor Ort sollten »winterfeste Leichtbauhallen« errichtet werden, so der Sprecher. Ganz auf Zelte verzichten will man im Freistaat nicht: Aber zumindest sollen sie laut Ministerium winterfest sein.

Auch in Nordrhein-Westfalen setzt man auf Zelthallen und Traglufthallen, die beheizbar sind. Somit steht vielen Flüchtlingen tatsächlich ein Winter im Zelt bevor.