Godani wird Godani

Forsythe bleibt Forsythe

  • Boris Gruhl
  • Lesedauer: 3 Min.

Knisternde Spannung im Bockenheimer Depot in Frankfurt am Main: »The Primate Trilogy« steht auf dem Programm, die erste Produktion der neu besetzten »Dresden Frankfurt Dance Company« unter ihrem von William Forsythe selbst erwählten künstlerischen Direktor und Choreografen Jacopo Godani. Sehr schnell wird klar: Godani macht mit dieser in technischer Hinsicht glänzend aufgestellten Company sein Ding. Das ist keine Neuauflage der unter dem alten Namen aufgelösten »Forsythe Company«, obwohl nicht zu übersehen ist, dass Godani sehr viel vom Meister gelernt hat. In dessen weltberühmter Company hat er fast zehn Jahre getanzt, bevor er sich als Choreograf auf den Weg machte.

Godani geht mit seinen 15 Tänzerinnen und Tänzern auf das Publikum zu und scheut sich dabei nicht, auch einige Schritte zurückzugehen. Was er aus seinen eigenen Tanzerfahrungen mitgenommen hat, gibt er seiner Company jetzt in bisweilen recht eigenständigen Variationen mit auf den Weg. Dazu gehört das Experiment ebenso wie die Besinnung auf das sichere Repertoire der neoklassischen und das erneute Ausreizen längst nicht überholter Formen, wie etwa des Spitzentanzes.

In der Art und Weise, wie im Verlauf von gut 70 Minuten die Rückbesinnung und die Momente des Aufbruchs korrespondieren, auch unvermittelt nebeneinander stehen, gelingt es, spannende und verblüffende Passagen zu kreieren. Es werden Varianten tänzerischer Korrespondenzen angeboten. Da sind immer wieder kurze Soli, etliche Duette, die am stärksten an Forsythe erinnern, dann aber auch ganze Gruppe in suchenden Bildern der Bewegung, die auch in der Zuschauerwahrnehmung Verunsicherung erzeugen. Mitunter hat man den Eindruck, was auch von der Lichtregie unterstützt wird, man erlebe wie von Blitzlichtern erhellte Momente, Andeutungen, Anregungen, um gleich darauf im grundsätzlich leicht diffusen Licht die große Gruppe wahrzunehmen, wie sich Vereinzelungen auflösen und dennoch kein Ende des Suchens in Sicht ist. Da kann es geschehen, dass ein Tänzer scheinbar die Bühne verlässt, um sofort zurückzukehren, sich zu den anderen zu verhalten und dennoch das Geschehen wieder zu verlassen. Das sind Momente der Brüchigkeit. Hier bekennt sich eine Company zu den Zeichen der Verunsicherung.

Verstärkt werden sie mitunter dadurch, dass die technischen Möglichkeiten der Tänzerinnen und Tänzer noch nicht in gleichem Maße mit deren jeweiliger körperlicher Präsenz und individueller Ausstrahlung einhergehen. Auch hier: Man ist auf dem Weg. Die Kostüme machen zunächst in ihrer Durchsichtigkeit die Körper schutzlos, verhüllen dann stärker die zu Markte getragene Haut, um am Ende auch optisch eine Vision menschlicher Gleichberechtigung anzudeuten.

Der elektronische Sound von Ulrich Müller und Siegfried Rössert, »48nord«, vermag nicht immer zu überzeugen, am wenigsten dann, wenn er zu stark Thrillerspannung

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